Als ich vor fünfeinhalb Jahren zum ersten Mal Mama wurde, wurde ich unsanft in hohem Bogen weit aus meiner Komfortzone herauskatapultiert. Nach neun Monaten glücklicher Schwangerschaft war plötzlich alles so schwierig und kompliziert geworden. Mein neues Leben kam mir fast schon lebensbedrohlich vor. 

In kürzester Zeit hatte sich mein Baby eine Saugverwirrung und ich mir selbst mehrere aufeinanderfolgende fiese Brustentzündungen eingehandelt. Mein frischgebackenes Mama-Leben bestand die ersten Tage nur aus missglückten Stillversuchen mit viel Babygeschrei, Abpumpen der Muttermilch, Sterilisieren von Fläschchen und der Anwendung von Quarkwickeln auf der Brust, die die Entzündung herausziehen sollten.

Ich war so müde wie nie zuvor.

Aber Schlaf war zweitranging. Es ging hier um meine Gesundheit und die meines Babys.

2015 lag die statistische Geburtenrate in Deutschland bei 1,5 Kindern je Frau. Dies ist der Höchststand seit 1982.

Die geringe Kinderdichte in Deutschland hat zur Folge, dass immer mehr Menschen unsicher, teilweise überfordert sind, sobald sie selbst Eltern werden.

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Diese sehr unbequeme Zeit ging glücklicherweise vorüber. Nach fünf Wochen geschah das Wunder und ich konnte meine Tochter – dank unermüdlicher und sachkundiger Begleitung durch meine Hebamme – plötzlich wieder richtig stillen. 

Kaum ein Mädchen wurde groß, ohne dass es die Möglichkeit hatte, beiläufig die Rolle als Mutter zu erlernen und einzuüben.

Allerdings war an Erholung nicht zu denken

Es stellte sich heraus, dass mein Baby Schlafen nicht besonders schätzte. Wenn es Zeit für das nächste Nickerchen wurde, schlug ihre Laune schlagartig um und ein ohrenbetäubendes Gebrüll setzte ein. Jegliche Beruhigungsversuche schlugen fehl, bis das Kind irgendwann doch erschöpft einschlief. 

Wir fanden heraus, dass die kürzeste Schreizeit erzielt werden konnte, wenn wir die Kleine in die Babytrage packten, fluchtartig die Wohnung verließen und sehr schnellen Schrittes an der lauten, vielbefahrenen Straße entlang in den nächsten Park eilten. Keinesfalls durfte man stehenbleiben oder sich gar irgendwo hinsetzen. Dann war sie sofort wieder wach und schrie.

Mein neuer Rhythmus bestand also aus Stillen, Wickeln, dabei ein paar Minuten mit dem Baby spielen und dann durch plötzliches Alarmgeheul initiiert, mit Baby in der Trage durch den Park hasten – bis zur nächsten Stillpause. Ich kann mich kaum daran erinnern, wann ich damals mal selbst etwas essen oder zur Toilette gehen konnte. Auf jeden Fall konnte ich den Zeitpunkt dafür nicht selbst bestimmen.

Es mangelte nicht an Gelegenheiten zu beobachten, wie Erwachsene mit Säuglingen umgehen. Ganz selbstverständlich passten die Mädchen (aber sicher auch die Jungen) auf ein Nachbarbaby, den kleinen Cousin oder das eigene jüngere Geschwisterkind auf.

Eine "Phase" jagt die nächste

Das ist nun schon lange her und natürlich ist mein Leben heute deutlich entspannter. Und zum Glück erleben nicht alle Eltern solch einen harten Einstieg in diesen neuen Lebensabschnitt.

Und doch wird mir jede Mama und jeder Papa wahrscheinlich zustimmen, dass wir Eltern immer und immer wieder mit neuen, ungeahnten Herausforderungen konfrontiert werden. 

Das können mehr oder weniger schwere Krankheiten sein, Entwicklungsschübe wie die Autonomie-Phase, die Wackelzahnpupertät und die Teenagerzeit, Schwierigkeiten im Kindergarten oder in der Schule, „Abweichungen“ in der kindlichen Entwicklung oder des kindlichen Temperaments und noch so vieles mehr. 

Zum Antritt unserer Mutterschaft wissen viele von uns kaum etwas von all den Problemen, die es beim Großziehen der Kinder natürlich schon immer gegeben hat.

Es handelt sich um die berüchtigten „Phasen“ unserer Kinder. Zu Beginn jeder Phase werden wir aus heiterem Himmel aus unserer Komfortzone geboxt und müssen dann sehen, wie wir mit der neuen Situation zurechtkommen. Was wir dabei vielleicht nicht sogleich empfinden: Unsere Kinder trifft es ebenso unvorbereitet. Auch sie fallen aus ihrer Komfortzone. 

Komfortzone – was ist das überhaupt?

Die Komfortzone ist laut Wikipedia „der durch Gewohnheiten definierte Bereich eines Menschen, in dem er sich wohl und sicher fühlt und es ihm leicht und sicher fällt, mit der Umwelt zu agieren“. 

Geht man einen Schritt aus der Komfortzone heraus, indem man z.B. etwas Ungewohntes ausprobiert, wird man mit Stress und Ängsten konfrontiert. Diese schwinden mit zunehmender Gewöhnung, sodass man am Ende seine Komfortzone ausgeweitet hat. Dies ist eine tolle Sache, denn man kann sich in Richtung eines Ziels weiterentwickeln, indem man immer wieder den nächsten notwendigen kleinen Schritt aus der Komfortzone wagt.

Als Beispiel sei meine eigene berufliche Entwicklung heraus aus meiner jeweiligen Komfortzone genannt. Diese bestand in den letzten Jahren darin, dass ich mich eines Tages traute, meinen ersten Blogartikel zu veröffentlichen, mein erstes Coaching durchzuführen, mich erstmals in einem Video zeigte und meinen ersten Pilot-Kurs für Mamas entwickelte. Durch diese Schritte, die mir einiges an Mut abverlangten, gewann ich jeweils an Selbstsicherheit, die mich heute bei jedem weiteren Schritt ins Ungewisse begleitet. 

Ja, aber das Mama-Sein hat damit doch nichts gemein!?

Auf den ersten Blick schien mir nun aber ein gewaltiger Unterschied zu bestehen – zwischen einerseits – der selbstbestimmten, schrittweisen Ausweitung der Komfortzone durch die Freiberuflichkeit und – andererseits – der Elternerfahrung. Vergleichbar mit dem beherzten Sprung ins kalte Wasser im Gegensatz zum fiesen Schubs in das selbige durch einen anderen.

Aber mit etwas Abstand betrachtet, denke ich: Das ist gar nicht so. 

Das Elternwerden ist ein großes Abenteuer, ein gewaltiger Schritt ins Ungewisse. Das Elternsein ist eine endlos scheinende Aneinanderreihung von kleineren und größeren Herausforderungen.

Aber ist es nicht genauso, wenn wir beispielsweise versuchen, einen Berg zu besteigen? Ich weiß noch genau, wie geschockt ich am Abend meiner ersten mehrtägigen Wandertour war, wie sehr mein ganzer Körper schmerzte, durch die ungewohnte Belastung, der ich ihn über viele Stunden ausgesetzt hatte. Auch damals hatte ich bei der Planung nicht gedacht, dass mir die Wanderung so sehr zusetzen würde. Und ich musste die Zähne zusammenbeißen und noch zwei Tage weiterwandern.

Und? Was hat diese Erfahrung mit mir gemacht? Sie hat mich gestärkt, ich fühlte mich unglaublich gut und stolz, an meine Grenzen gegangen zu sein. Es war der Grundstein für ein neues, geliebtes Hobby. Wandern ist die eine Sache, die ich aus der Zeit vor dem Elternsein am meisten vermisse (neben dem Ausschlafen selbstverständlich).

Und so sehe ich das Elternsein auch. Es ist, als würdest du einen hohen Berg besteigen. Du kommst in unzählige schwierige Situationen und spürst wiederholt die Grenzen deines Körpers und deiner Psyche. Aber es ist nicht der Berg, das Unwetter oder die weite Strecke, die dir etwas antun. Du bist es, der sich entschlossen hat den Weg zu gehen.

Du magst hadern und klagen und zwischendurch auch mal mutlos sein. Aber vielleicht ist es gerade dadurch die schönste und intensivste Erfahrung deines Lebens, von der du noch lange zehren wirst. Denn du bist stets aufgestanden und weitergegangen, hast allen Widerständen getrotzt und dabei viel gelernt – über dich und das Menschsein im Allgemeinen.

Nicht die einfachen Zeiten, sondern die harten Prüfungen machen dich zu einer starken Persönlichkeit.

Tal der Mutlosigkeit

Solltest du jetzt gerade in einem Tal der Mutlosigkeit stecken, kann dir dieser Blickwinkel vielleicht weiterhelfen. Du KANNST aufstehen und weitergehen. Du kannst deine Marschrichtung und das Tempo justieren, etwa indem du dir überlegst, wie du dein Leben mit Kindern gestalten willst, damit es sich glücklicher anfühlt – damit es besser zu dir und deinen Bedürfnissen passt. Es ist, als ob du dir eine neue Klettertechnik aneignen würdest.

Du kannst dir auch Hilfe holen von jemandem, der dich bei besonders brenzligen Wegstrecken unterstützt – eine Hebamme, eine kluge Freundin oder vielleicht auch ein Mama-Coach, wie ich es bin. Für schwierige Etappen braucht es eben manchmal einen erfahrenen Bergführer. 

Selbstbestimmtes Elternsein

Wenn du das Elternsein mit all seinen Tücken als Abenteuer siehst, dann fühlst du dich plötzlich selbstbestimmt statt fremdbestimmt. Indem du diesen Weg gehst, lernst du alles, was du brauchst und machst dir das Bergsteigen zur neuen Komfortzone. 

Und indem du dir ein starkes Netzwerk aus Familie und Freunden erhältst, musst du diesen Weg auch nicht alleine gehen. Ihr sichert euch gegenseitig ab und reicht euch helfend die Hand bei den harten Etappen und genießt dann gemeinsam den wunderschönen Ausblick auf der Bergkuppe. 

Nein, all die Phasen deiner Kinder prasseln nicht einfach auf dich ein, um dir das Leben schwer zu machen. Es ist alles Teil des großen Abenteuers „Elternsein“ und du bestimmst, auf welche Art du den vorgegebenen Weg zurücklegen willst. 

Am schönsten doch mit einem genießerischen Lächeln auf den Lippen, weil du weißt, dass du gerade jetzt das Leben in seiner ganzen Fülle kosten darfst.

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Wie sind deine Gedanken zu dem Thema? Hast auch du die Erfahrung gemacht, dass erfahrenere Mütter häufig entspannter sind? Ich freue mich über deinen Kommentar.

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Was dir – genau wie den Schimpansinnen – helfen kann, ist ein soziales Netzwerk, das dich unterstützt und dich in harten Zeiten auffängt. Nimm daher jede Gelegenheit wahr, Familienbande, Freundschaften und deinen Bekanntenkreis zu pflegen. So fällt es dir leichter, um Hilfe zu bitten und Unterstützung zu erhalten. Du musst es nicht alleine schaffen.

Autorin Lena Franck

Ich bin Lena Franck, 41 Jahre alt und selbst Mutter dreier Kinder. Als Mama-Coach helfe ich Müttern, im Familienalltag gelassen und selbstsicher zu sein, sodass sie ihr Leben mit ihren Liebsten endlich genießen können, statt nur zu meckern und zu schimpfen – denn eine zufriedene Mama ist das größte Geschenk für die Entwicklung eines jeden Kindes!
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