Kennst du das Gefühl, auf das Glück einer anderen Mutter neidisch zu sein? Vielleicht ist ihr Kind unkomplizierter, ihr Mann unterstützt sie mehr, sie hat ein schöneres Haus, ist erfolgreicher im Job oder strahlt schlicht und ergreifend mehr Freude und Leichtigkeit aus, als du fühlst?

Wir erwischen uns bei dem Gedanken, wie schön es wäre, etwas ebenfalls zu haben oder zu können. Unsere innere Stimme flüstert uns zu: „Ich will das auch so haben!“, „Wie kriegt die das bloß hin?“, „Womit hab ich das verdient?“, „Die traut sich was!“ oder „Was mache ich nur falsch?“

Neid ist ein unbeliebtes Gefühl. Die meisten von uns würden wohl lieber darauf verzichten. Vor allem aber offenbaren würden wir unsere Neidgefühle anderen meist nicht. Über Neid zu sprechen, ist ein Tabu. Im Gegenteil – um den Neid zu übertünchen, verkünden wir oft lieber lautstark, dass wir „so“ aber wirklich niemals leben wollten.

2015 lag die statistische Geburtenrate in Deutschland bei 1,5 Kindern je Frau. Dies ist der Höchststand seit 1982.

Die geringe Kinderdichte in Deutschland hat zur Folge, dass immer mehr Menschen unsicher, teilweise überfordert sind, sobald sie selbst Eltern werden.

Neid als Signal

Wie bei eigentlich allen als unangenehm empfundenen Gefühlen, möchte auch der Neid uns auf etwas in unserem Inneren aufmerksam machen. Unser Neid sagt uns etwas über unsere Träume, Visionen und Ziele. Er gibt uns die Möglichkeit, klarer zu sehen, was wir uns wünschen.

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Kaum ein Mädchen wurde groß, ohne dass es die Möglichkeit hatte, beiläufig die Rolle als Mutter zu erlernen und einzuüben.

Es mangelte nicht an Gelegenheiten zu beobachten, wie Erwachsene mit Säuglingen umgehen. Ganz selbstverständlich passten die Mädchen (aber sicher auch die Jungen) auf ein Nachbarbaby, den kleinen Cousin oder das eigene jüngere Geschwisterkind auf.

Es kommt darauf an, was du daraus machst

Der erste Neidimpuls ist bei allen Menschen gleich. Ein ziemlich unangenehmes Gefühl eines Mangelzustandes. Jetzt gibt es verschiedene Arten darauf zu reagieren.

Trauer

Wir fühlen uns zum Beispiel traurig und depressiv, haben das Gefühl, versagt zu haben und werten uns selbst ab. Ein typischer Gedanke wäre: „Ich bin nicht gut genug als Mutter und schaffe nicht, was andere leisten.“ 

Es scheint so, als ob gerade Frauen Neid oft auf diese Weise verarbeiten. Gut tut uns das nicht: Schließlich bringt es nichts, den Kopf in den Sand zu stecken und zu resignieren. Ja, es kann uns sogar krank machen.

Zorn

Zum Antritt unserer Mutterschaft wissen viele von uns kaum etwas von all den Problemen, die es beim Großziehen der Kinder natürlich schon immer gegeben hat.

Andere Menschen reagieren wütend und aggressiv auf ihren Neidimpuls. Sie hassen die beneidete Person dafür, dass sie etwas hat oder kann, was sie selbst gerne hätten oder können möchten. Sie verspüren den Wunsch, dieser Person zu schaden oder sie zumindest abzuwerten. Sie denken beispielsweise: „Das ist ungerecht. Diese Frau sollte nur mal einen Tag mit mir tauschen müssen, dann würde sie auch nicht mehr so fröhlich grinsen.“

Auch diese Reaktion bringt uns nicht weiter. Wenn wir anderen Menschen ihr Glück nicht gönnen, wird unser eigenes Leben dadurch keinen Deut besser.

Ansporn

Es gibt aber auch eine dritte Art auf Neid zu reagieren und die ist gesund und konstruktiv. Wir können die Energie des Neides als Anstoß betrachten, um uns zu überlegen, was wir uns wirklich wünschen und nehmen das dann in Angriff.

Um was beneiden wir andere?

Eigentlich ist es ja nicht das Haus einer anderen, das Kind einer anderen, der Mann einer anderen oder der Job einer anderen, der uns zu unserem eigenen Glück fehlt. Häufig spüren wir in Wirklichkeit, dass diese von uns beneidete Frau in sich ruht und sich traut, ein Leben zu leben, das wirklich zu ihr passt.

Dagegen haben wir selbst unser Leben vielleicht immer noch darauf ausgerichtet, Vorgaben zu genügen, von denen wir glauben, dass wir ihre Erfüllung unseren Eltern, Verwandten, Bekannten, Freunden, Arbeitskollegen, Nachbarn oder der Gesellschaft schulden. 

Unser Neid weist uns darauf hin, dass es uns zur Zeit an Selbstbestimmtheit mangelt.

Es ist kein Zufall, dass wir gerade in der Zeit, in der wir als Mütter gefragt sind, besonders oft den Neid in uns nagen spüren. Denn das ist die Lebensphase, in der wir uns häufig in alte Rollenklischees drängen lassen und uns plötzlich wieder nach tradierten gesellschaftlichen Überzeugungen richten, von denen wir glaubten, sie in der Jugend oder in jungen Erwachsenenjahren abgestreift zu haben.

Oft ist der Grund, dass wir uns in unserer neuen Mutterrolle unsicher und gestresst fühlen – wir wollen schließlich keine Fehler machen. Deshalb gehen wir lieber erst einmal auf Nummer sicher, indem wir uns an vermeintlich allgemeingültige Überzeugungen klammern, wie z.B.  „in einem guten Haushalt wird zwei Mal die Woche nass gewischt“ oder „Kinder müssen so früh wie möglich lernen, während des Essens still am Tisch zu sitzen“.

Gleichzeitig sind wir unglücklich, wenn wir uns wie ein Rädchen im Getriebe fühlen, das einem fremdbestimmten Mechanismus folgt. Wir riskieren, den Zugang zu uns und unseren Werten und Bedürfnissen zu verlieren. Die Freiheit kommt uns abhanden.

Negative Gefühle wie Neid sollten wir daher als Warnsignal verstehen und uns davon wachrütteln lassen: Es ist an der Zeit, wieder selbst die Verantwortung in die Hand zu nehmen und unser Leben nach unseren eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Was macht dich glücklich?

Vielen Frauen fällt es leider gar nicht so leicht, herauszufinden, wie sie leben wollen. Viel zu lange haben sie sich schon an den Überzeugungen anderer orientiert.

Falls es dir auch so geht, versuche, dich neuen Ideen zu öffnen, lasse dir die Zeit, die du brauchst. Vielleicht möchtest du dir ein Notizbuch zulegen, um alles aufzuschreiben, von dem du glaubst, dass es dich in Richtung deiner Lebensvision weiterbringen könnte? 

Was gibt dir Kraft im Alltag? Was machst du gerne? Wie würde deine Traumvorstellung eines ganz normalen Tages aussehen? Was bewunderst du bei anderen? Was ist dir wichtig? Lasse deiner Fantasie freien Lauf und sammle einfach alles, was dir in den Sinn kommt.

Lass den inneren Kritiker zunächst außen vor! Ihn kannst du später einladen, wenn du deine Traumvision bereits stark fühlst und es darum geht, realistische Schritte zu planen ...

Nimm Unterstützung an

In welchen Situationen kommen bei dir Neidgefühle auf? Kannst du darin auch einen Zusammenhang zu einem Mangel an Selbstbestimmtheit erkennen? Mich interessiert deine Erfahrung!

Wie sind deine Gedanken zu dem Thema? Hast auch du die Erfahrung gemacht, dass erfahrenere Mütter häufig entspannter sind? Ich freue mich über deinen Kommentar.

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Was dir – genau wie den Schimpansinnen – helfen kann, ist ein soziales Netzwerk, das dich unterstützt und dich in harten Zeiten auffängt. Nimm daher jede Gelegenheit wahr, Familienbande, Freundschaften und deinen Bekanntenkreis zu pflegen. So fällt es dir leichter, um Hilfe zu bitten und Unterstützung zu erhalten. Du musst es nicht alleine schaffen.

Autorin Lena Franck

Ich bin Lena Franck, 41 Jahre alt und selbst Mutter dreier Kinder. Als Mama-Coach helfe ich Müttern, im Familienalltag gelassen und selbstsicher zu sein, sodass sie ihr Leben mit ihren Liebsten endlich genießen können, statt nur zu meckern und zu schimpfen – denn eine zufriedene Mama ist das größte Geschenk für die Entwicklung eines jeden Kindes!
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  1. Liebe Lena!

    Vielen Dank für diesen tollen Artikel!! Bei mir kommt gerade ein ziemlich starker Neid hoch, wenn ich von Freundinnen höre, dass sie ein 3. Kind bekommen (wie schaffen die das nur, so knapp hintereinander, die Kinder müssen weniger anstrengend gewesen sein, haben besser geschlafen, die Beziehung läuft besser, alle ziehen an einem Strang… etc.??) Mein Mann und ich sind uns da leider nicht einig. Ich wünscehe mir von ganzem Herzen ein weiteres, letztes Kind, für meinen Mann passt es „noch“ nicht, da die Anfangszeit sehr turbulent war bei uns. Hast du da zufällig einen Tipp für mich, wie ich damit umgehen lerne? Wir haben uns eine Frist gesetzt, wann wir nochmals darüber sprechen werden. Ich bin knapp 35 und mein Mann 39, meine innere Uhr tickt sehr laut..

    Vielen Dank,
    Klaudia

  2. Liebe Evelyn,

    danke dir, für deinen so positiven Kommentar! Wie schön, dass du einen Weg für dich gefunden hast, der sich für dich „richtig“ anfühlt. Ich wünsche dir, dass du mit Freude auf diesem Weg bleibst und ihn beschwingten Schritten weitergehst 🙂

    Alles Liebe
    Lena

  3. Liebe Lena,

    Du sprichst mir aus der Seele!

    Genau diesen Tipp mit dem Notizbuch setze ich tatsächlich seit einer Woche um. Ich schreibe alles auf, was mich meinem Ziel näher bringt. Wohin das führt weiß ich nicht genau, aber ich spüre, dass es Zeit ist, Dinge zu hinterfragen,mich bzw uns zu reflektieren, neue Impulse zu schaffen und vor allem etwas zu verändern. Ich spüre auch eine Zeit des Umbruchs in meinem Leben bzw. meinem Denken. Der Weg,den ich einschlage fühlt sich 100prozentig richtig und gut an. Das schwerste wird sein, Geduld zu haben für mich selbst!

    Danke, für deine offenen und ehrlichen Texte!

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