2015 lag die statistische Geburtenrate in Deutschland bei 1,5 Kindern je Frau. Dies ist der Höchststand seit 1982.

Die geringe Kinderdichte in Deutschland hat zur Folge, dass immer mehr Menschen unsicher, teilweise überfordert sind, sobald sie selbst Eltern werden.

Kinder kommen sehr häufig in Situationen, in denen etwas nicht so klappt, wie sie es sich wünschen.

Mama kauft nicht den Schokoriegel an der Supermarktkasse. Das große Geschwisterkind hat keine Lust zu spielen. Die Banane ist abgebrochen. Das Kind kriegt es einfach nicht hin, den Reisverschluss selbst zu schließen.

Kein Wunder, dass das Kind frustriert ist. Es wird wütend! Je nach Temperament schreit es, wirft sich auf den Boden, strampelt, beschimpft und beschuldigt andere, schlägt vielleicht um sich. Aber das ändert alles nichts. Der Umstand, den das Kind einfach nicht hinnehmen will, bleibt.

Idealerweise endet ein solcher Wutanfall in einem heftigen Weinen und Schluchzen. Das Kind hat dann verstanden, dass jegliches Bemühen vergeblich ist. Es kann an der Situation rein gar nichts verändern.

Und genau diese „Tränen der Vergeblichkeit“ (wie Prof. Neufeld sie nennt) sind es, die das Kind braucht, um sich mit den Umständen zu arrangieren.

Über die Trauer können Kinder schließlich die durch die Frustration empfundene Wut ziehen lassen und die schmerzhaften Gefühle der Hilflosigkeit verarbeiten.

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Das gehört zum Reifungsprozess, in dem das Kind Frustrationstoleranz entwickelt. Es lernt durch Erfahrung, mit den Widrigkeiten des Lebens zurechtzukommen, sich dem beständigen Wandel im Leben anzupassen. 

Kaum ein Mädchen wurde groß, ohne dass es die Möglichkeit hatte, beiläufig die Rolle als Mutter zu erlernen und einzuüben.

Es mangelte nicht an Gelegenheiten zu beobachten, wie Erwachsene mit Säuglingen umgehen. Ganz selbstverständlich passten die Mädchen (aber sicher auch die Jungen) auf ein Nachbarbaby, den kleinen Cousin oder das eigene jüngere Geschwisterkind auf.

Das elterliche Verhalten kann diesen Prozess sowohl stören als auch fördern

Manchmal versuchen Eltern die Gefühle des Kindes klein- oder wegzureden: „Ach stell dich doch nicht so an. Die Banane schmeckt doch genauso, ob sie nun ganz ist oder zerbrochen! Das ist doch kein Grund sich so aufzuregen.“ Oder: „Oh, schau mal, hier habe ich eine neue Banane für dich!“

Wenn das häufig vorkommt, wird auch das Kind immer mehr versuchen, diese Gefühle zu unterdrücken oder sich davon abzulenken, statt den notwendigen Prozess von der Wut in die Trauer zu durchleben. Das stört die emotionale Reifung und kann zudem auf lange Sicht psychisch und physisch krank machen.

Zum Antritt unserer Mutterschaft wissen viele von uns kaum etwas von all den Problemen, die es beim Großziehen der Kinder natürlich schon immer gegeben hat.

Stattdessen sollten Eltern dem Kind einen geschützten Raum bieten, in dem das Kind seine emotionalen Erfahrungen machen kann, in dem es einfach mal Frustration durchleben kann.

Die Erwachsenen können helfen, die erlebten Gefühle in Worte zu fassen und empathisch auf die Trauer hinter der Wut hinzuweisen: „Oh, du hättest so gerne die ganze Banane gegessen und jetzt ist sie zerbrochen und keiner kann sie wieder heile machen. Ich war schon oft sehr traurig, wenn mir etwas kaputt gegangen ist.“

Solche Worte und das Mitschwingen von Mitgefühl in unserer Stimme können wie ein Katalysator wirken. Idealerweise bricht das Kind in Tränen der Trauer aus und lässt sich dann von uns trösten. 

Wir sollten uns über diese heilenden und erleichternden Tränen unserer Kinder freuen, statt ihre Gefühle so schnell wie möglich loswerden zu wollen.

Danach hat das Kind akzeptiert, dass die Banane zerbrochen ist und dass es dagegen jetzt nichts mehr tun kann. Es kann wieder zum Gestalter seines Lebens werden, unabhängig davon, was mit der Banane los ist. Es kann sich auf andere Handlungsfelder konzentrieren, die es tatsächlich beeinflussen kann und sich wieder selbstwirksam fühlen.

Das kennst du sicher aus dem Alltag mit deinem Kind. Frustration spielt aber auch im Leben von Erwachsenen eine Rolle.

Wie ist es mit dir, wenn du in eine frustrierende Situation kommst? Kannst du es annehmen und betrauern, wenn du eine belastende Situation gerade nicht ändern kannst?

Ich frage, weil wir gerade in der Elternrolle sehr häufig in solche Situationen geraten. Das Baby schreit vielleicht mehr und schläft schlechter, als wir das erwartet hatten. Das Kleinkind lässt sich nicht wickeln oder sich die Zähne putzen. 

Die Geschwister gehen ständig aufeinander los. Keiner räumt seine Socken weg. Das Schulkind weigert sich, das Diktat zu üben. Die Kinder wollen nicht mitkommen zum Sonntagsausflug. Der Teenie wechselt keine fünf Worte mehr mit dir.

Es kann sehr frustrierend sein, wenn das Leben auf einmal ganz anders aussieht, als wir uns das ausgemalt hatten. 

Und obwohl wir uns abmühen, uns den Mund fusselig reden, obwohl wir meckern, schreien, ja regelrecht explodieren – es ändert sich einfach nichts!

Wie gehst du damit um? 

Kannst du unterscheiden zwischen dem, was du tatsächlich beeinflussen kannst und dem, was du erstmal so hinnehmen musst, wie es jetzt gerade ist? 

Ist es dir möglich es zu akzeptieren und zu betrauern, wenn du gewisse Aspekte des Familienlebens nicht unter Kontrolle hast? Kannst du durch diesen Prozess gehen – von der Wut zur Trauer – und schließlich loslassen, damit du dein Leben trotz aller Umstände wieder selbstwirksam gestalten kannst?

Ja, es kann auch uns Erwachsenen noch unglaublich schwerfallen hinzunehmen, dass nicht alles in unserer Macht liegt.

Möchtest du gerne durch diesen Prozess gehen? Du kannst dich selbst liebevoll unterstützen. Genauso, wie du es auch mit deinem Kind machen würdest.

Hab Mitgefühl mit dir selbst, sag dir innerlich: „Oh man, du hattest dir das alles ganz anders ausgemalt. Du dachtest, deine Kinder wären friedlich miteinander, würden auch mal was im Haushalt machen und sich freuen, mit dir mal was zu unternehmen. Du hattest gehofft, dass die anderen sehen, was du alles für sie tust und dir dafür Wertschätzung entgegenbringen! Es tut so weh, dass es nicht so ist!“ 

Vielleicht schreibst du dir auch den ganzen Frust in einem langen Brief an dich selbst von der Seele.

Und dann fühl die ganze Wucht der Enttäuschung.

Geh durch dieses Gefühl durch. Atme. Wenn du willst, dann weine.

Du wirst sehen, das ist sehr reinigend. Danach kannst du dich auf das konzentrieren, was du beeinflussen kannst. Du wirst so viel flexibler, wenn du die engstirnige Vorstellung, die du bisher hattest, einfach ziehen lassen kannst.

Sobald du aufhörst darauf zu warten, dass sich die Umstände so verändern, wie du es gerne hättest, öffnet sich dir eine neue Welt an Möglichkeiten.

Es ist als hättest du bisher den Regen angeschrien, er solle sofort aufhören.

Und jetzt hast du erkannt, dass es nun mal regnet, egal was du tust, also kannst du, statt rumzuschreien, einfach das Beste daraus machen. 

Du kannst es dir mit einer Tasse Tee in eine Decke eingekuschelt gemütlich machen und in den Regen schauen. Du kannst dir Schirm und Gummistiefel schnappen und in Pfützen springen. Ja, du hattest Schönwetterpläne. Aber jetzt kannst du umdisponieren und trotzdem einen guten Tag haben.

So ist es auch mit deinem Leben. Leg gleich los und mache es dir darin gemütlich!

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Autorin Lena Franck

Ich bin Mama-Coach und selbst Mama dreier Kinder, die 10, 8 und 4 Jahre alt sind. Ich unterstütze Mamas dabei, sich wieder zufriedener und ausgeglichener zu fühlen, um für ihre Kinder endlich die entspannte und fröhliche Mama sein zu können, die sie sich eigentlich für sie wünschen. Denn eine zufriedene Mama ist die beste Mama, die du sein kannst!

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  1. Mir sind beim Lesen dieses Artikels auch die Tränen gekommen. Der größte Frust, den ich zurzeit habe ist, dass ich mich nicht klonen kann. Die „Kleine“ (2 Jahre) klebt noch immer den ganzen Tag auf mir, sie ist extrem auf mich fixiert und nimmt mich vollkommen in Beschlag. Der Große (4 Jahre) nimmt das zum größten Teil hin, hat aber in letzter Zeit angefangen, seine Schwester vermehrt zu zwicken, treten und hauen. Ich führe das auf die Eifersucht zurück. Sobald er mit mir kuschelt, drängt sich seine Schwester zwischen uns. Sobald ich ihm was vorlese, rennt die Kleine mit ihrem Buch zu mir und zetert wenn ich sage, dass wir jetzt mal dieses Buch zu Ende lesen. Und jetzt wird er noch dazu nach den Sommerferien wieder in den Kindergarten „abgeschoben“ und die Kleine darf bei mir zuhause bleiben.

    Ich verstehe die Aggressionen, die der Große ihr gegenüber zeigt, aber ich kann sie natürlich auch nicht zulassen. Und ich würde ihm so gern genau dieselbe Menge an Zeit und Aufmerksamkeit schenken wie ihr. Ich würde mich so gern teilen. Aber das geht nicht. All die Versuche, die Kleine in „Fremdbetreuung“ zu geben (und sei es auch nur der Papa) haben fehlgeschlagen. Nach spätestens 10 Minuten sucht sie mich und schreit nach mir.

    Und das muss ich wohl akzeptieren und weiterhin so gut wie eben möglich die Bedürfnisse beider jonglieren. Bin ich froh, dass ich nur 2 Kinder habe 🙂

  2. Liebe Lena,

    vielen Dank für den Artikel, das ist gerade ein aktuelles Thema bei mir und ich msus gestehen, dass beim Lesen Frustration in mir aufstieg.
    Denn im Grunde könnte ich bei jedem Wort zustimmend nicken und Schreien, Weinen, auf dem Boden liegen, schimpfen kann ich ganz gut begleiten, denke ich. Doch sobald der Frust durch in den Bauch Boxen oder der Zerstörung eines mir wichtigen oder teuren Gegenstands oder etwas Vergleichbarem entlädt (oder es bereits die gefühlt zehnte Situation dieser Art an diesem Tag ist), bin ich selbst zu sehr in Not und aufgewühlt, um in diesem Augenblick dem leidenden Kind die Aufmerksamkeit und das Mitgefühl zu schenken, die notwendig wären, damit sich die Tränen lösen.

    Mein Impuls wäre dann Flucht, also mich für 5 Minuten im Bad einzusperren und erstmal selbst zu heulen und mich zu umarmen. Doch wenn ich das Kind in seinem Zustand alleine lasse, führt dies in der Regel zu weiterer Zerstörung, was ich auch nicht will,
    Das ist dann der Punkt, an dem ich in einer idealen Welt an einen anderen erwachsenen Menschen übergeben würde, der die nötigen Kapazitäten gerade frei hat, doch was tun, wenn dieser Mensch fehlt?

    Sobald ich dann tatsächlich Pause habe, rede ich gerne mit Freunden darüber und schreibe ihnen. Das ist nicht nur entlastend, sondern hilft mir auch durch die lieben, tröstenden und stärkenden Worte, die ich zurück bekomme.:)

    Liebe Grüße,
    Julia

    1. Liebe Julia,
      ja, das ist auch so eine Frustration, mit der wir Mamas oft umgehen müssen. Wir könnten die perfekten Mamas sein, wenn nur die Umwelt perfekt wäre. Ist sie aber leider nicht. Das ist etwas, was einen wirklich zur Verzweiflung bringen kann und man könnte heulen. Und genau das meine ich auch mit meinem Artikel. Wenn man das annehmen kann, dass die Welt so schrecklich unperfekt ist und man selbst sich darin so schrecklich menschlich unperfekt verhält, ist man gleich etwas entspannter. Diese Erkenntnis nimmt einem ja auch Druck von den Schultern. Es geht einfach nicht. Wir können einiges machen, an unserer Stressregulation arbeiten, unseren Alltag umstrukturieren, das soziale Netzwerk stärken usw. Das sollten wir auch alles tun, damit es uns besser geht und wir ein bisschen mehr die Mama sein können, die wir sein wollen. Aber zu 100% perfekt wird es leider nie sein und wenn wir das betrauert haben und die Erwartungshaltung klargezogen haben, können wir damit auch gleich ganz anders umgehen.
      Alles gute für dich und deine Familie
      Lena

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