Vanessa ist verzweifelt. Als sich ihre 5-jährige Tochter Lara für den Kindergarten bereit machen soll, versteckt sich Lara plötzlich unter dem Küchentisch und verweigert jede Mitarbeit. Sie kauert sich zusammen, reagiert nicht auf Vanessas energische Aufforderungen und starrt ins Leere. Dabei ist es dringend Zeit, loszugehen...

Auch Miriam ist ratlos. Als sie ihren 8-jährigen Sohn Max vorsichtig auf einen Fehler in seinen Hausaufgaben hinweist, ballt er die Fäuste und zieht die Schultern hoch. Sein ganzer Körper ist angespannt und sein Gesicht zeigt eine wütende Verzerrung. Er schreit, wirft mit Stiften und Heften um sich und beleidigt wild …

Wenn auch dein Kind sich häufig scheinbar frech "daneben" benimmt und du einfach nicht weißt, was du falsch gemacht hast, bist du damit definitiv nicht allein.

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Selbst wenn Tante Erna fest davon überzeugt ist, dass dein Kind einfach nur frech und ungezogen ist und du ihm endlich Grenzen setzen solltest – wahrscheinlich handelt es sich bei dem Verhalten deines Kindes eher um Stresssymptome.

Wenn du herausfinden möchtest, wie du solche Stresssymptome erkennen kannst, woher sie kommen und wie du ihnen entgegenwirken kannst, dann ist dieser Blog-Artikel genau das Richtige für dich.

Die drei Zustände des autonomen Nervensystems

Das autonome Nervensystem ist ein Teil des peripheren Nervensystems, das für die Kontrolle und Regulation lebenswichtiger Funktionen im Körper verantwortlich ist.

Wenn du dein Kind beobachtest, ist es wichtig zu wissen, dass das autonome Nervensystem im Gegensatz zum willkürlichen Nervensystem, das unsere bewussten Handlungen steuert, größtenteils unbewusst und automatisch arbeitet.

Dein Kind kann also nicht bewusst entscheiden, in welchem Zustand es sich in einer bestimmten Situation befindet.

Laut der Polyvagal-Theorie des amerikanischen Psychologen und Neurowissenschaftlers Dr. Stephen Porges können wir drei Zustände dieses autonomen Nervensystems unterscheiden.

Sicherheitszustand

Der ventrale Vagusnerv-Zustand kann auch als "Sicherheitszustand" bezeichnet werden. Wenn sich dein Kind in diesem Zustand befindet, fühlt es sich wohl und sicher. Es kann soziale Verbindungen aufbauen, rational denken, lernen und angemessenes Verhalten zeigen.

Du erkennst, dass dein Kind sich im Sicherheitszustand befindet, wenn es entspannt, ruhig und gelassen wirkt. Die Körperhaltung ist aufrecht, die Muskeln sind entspannt und die Atmung verläuft ruhig und gleichmäßig.

Dein Kind zeigt Offenheit für soziale Interaktionen und kann auf andere Menschen eingehen. Es zeigt Interesse an der Umgebung, ist neugierig und hat ein freundliches Gesicht.

Zusätzlich zeigt dein Kind Anzeichen von Verbundenheit, wie Lächeln, Lachen, freundliche Gesten oder die Bereitschaft, auf andere zuzugehen und angemessen zu reagieren, wenn jemand traurig, verletzt oder bedürftig ist.

Natürlich können die Anzeichen für den Sicherheitszustand individuell variieren. Beobachte dein Kind genau und du wirst bald die für es typischen Merkmale erkennen.

Wenn wir uns die Beispiele am Anfang anschauen, scheinen weder die 5-jährige Lara noch der 8-jährige Max sich gerade im Sicherheitszustand zu befinden.

Kampf-oder-Flucht-Zustand

Der Kampf-oder-Flucht-Zustand tritt auf, wenn ein Kind eine Bedrohung oder Stress wahrnimmt. Das sympathische Nervensystem wird aktiviert, um mit der Bedrohung umzugehen, was zu einer Reihe von Reaktionen führt.

Kinder im Kampf-oder-Flucht-Zustand können gereizt, ängstlich oder aggressiv sein. Dieses Verhalten kann Ausdruck von Angst, Frustration oder dem Wunsch sein, sich selbst zu schützen.

Anzeichen dafür, dass dein Kind sich im Kampf-oder-Flucht-Zustand befindet, sind schnelleres Atmen und erhöhte körperliche Aktivität. Es kann herumlaufen, hüpfen, zappeln oder einfach allgemein unruhig wirken. Es fällt ihm möglicherweise schwer, stillzusitzen oder ruhig zu bleiben.

Die Muskeln des Kindes spannen sich an, die Schultern können hochgezogen werden und es wirkt insgesamt steif.

Es reagiert empfindlicher auf äußere Reize und kann leicht gereizt werden. Geräusche, Berührungen oder visuelle Reize können es schnell aufschrecken oder stören.

Möglicherweise zeigt dein Kind aggressives Verhalten wie Schreien, Schlagen, Beißen oder Wutanfälle. Es handelt impulsiv und trifft schnelle, unüberlegte Entscheidungen.

Das Kind kann Schwierigkeiten haben, sich auf Aufgaben oder Anweisungen zu konzentrieren. Es wird leicht abgelenkt und hat Probleme, seine Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten.

Achte darauf, welche der genannten Merkmale bei deinem Kind auftreten, um zu erkennen, ob es sich im Kampf-oder-Flucht-Zustand befindet.

In der Hausaufgabensituation ist Max eindeutig in den Kampf-oder-Flucht-Zustand geraten. Vielleicht war er bereits am Vormittag in der Schule sehr angespannt, und die vorsichtige Kritik seiner Mutter hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Im Moment ist es für ihn schwierig, sich weiterhin auf die Aufgabe zu konzentrieren.

Ein weiteres Beispiel ist Tim.

Stell dir vor, Tim geht alleine zum ersten Mal auf einen großen Spielplatz. Es gibt viele andere Kinder, die herumrennen, schreien und spielen. Tim fühlt sich zunächst überfordert und unsicher in dieser neuen Umgebung. Er beobachtet die anderen Kinder, die laut und energiegeladen sind.

Plötzlich rennt ein anderes Kind, ohne auf Tim zu achten, direkt auf ihn zu und stößt ihn versehentlich um. Tim spürt einen plötzlichen Schmerz und fühlt sich bedroht. Dadurch wird sein sympathisches Nervensystem aktiviert und er gerät in den Kampf-oder-Flucht-Zustand.

Tim reagiert daraufhin impulsiv und aggressiv. Er schreit das andere Kind an und versucht es wegzustoßen. Seine Herzfrequenz und Atmung beschleunigen sich, und er gestikuliert wild und versucht, sich zu verteidigen. Aufgrund der empfundenen Bedrohung ist er gereizt und kann sich nicht beruhigen.

Erstarrungszustand

Der dorsale Vaguszustand wird als "Erstarrungszustand" bezeichnet. Kinder, die sich in diesem Zustand befinden, können sich zurückziehen, abwesend wirken oder dissoziieren. Dies tritt auf, wenn das Kind überwältigt ist und keine Möglichkeit sieht, mit der Situation umzugehen.

Ein Kind im Erstarrungszustand erkennt man an seiner starren Körperhaltung. Es kann sich steif machen, sich zusammenziehen oder regungslos bleiben. Häufig bewegt es sich weniger, wirkt träge oder führt langsame Bewegungen aus. Es vermeidet den Blickkontakt, schaut weg und zeigt Desinteresse an sozialer Interaktion. Es reagiert langsam oder kaum auf äußere Reize und kann teilnahmslos oder unempfänglich für seine Umgebung wirken.

Im Eingangsbeispiel war es Lara, die in den Erstarrungszustand geraten ist. Dies ist ein automatischer Schutzmechanismus, der sie vor dem als zu stark empfundenen Druck schützen sollte, den ihre Mutter Vanessa durch ihren eigenen Zeitdruck auf Lara ausgeübt hat.

Ein weiteres Beispiel wäre Valentin. Stell dir vor, Valentin kommt in die Schule und bemerkt, dass er seine Hausaufgaben vergessen hat. Als der Lehrer die Hausaufgaben einsammelt und bemerkt, dass Valentin seine Aufgaben nicht dabei hat, spricht er Valentin vor der ganzen Klasse darauf an.

Valentin fühlt sich sofort unwohl und ängstlich. Er weiß, dass er einen Fehler gemacht hat, und fürchtet die möglichen Konsequenzen oder die Reaktionen seiner Mitschüler. Der Lehrer spricht in einem strengen Ton mit ihm und fragt nach dem Grund für das Fehlen der Hausaufgaben.

In dieser Situation kann Valentin in den Erstarrungszustand geraten. Er fühlt sich überwältigt und sieht keine Möglichkeit, die Situation zu bewältigen. Seine Körperhaltung wird steif, er senkt den Blick und vermeidet den Blickkontakt mit dem Lehrer und den anderen Schülern. Er reagiert kaum auf die Fragen oder Anweisungen des Lehrers und wirkt wie erstarrt.

„Schlechtes Benehmen“ als Zeichen einer Dysregulation

Lara, Max, Tim, Valentin und wahrscheinlich auch dein Kind - sie sind offensichtlich keine ungezogenen Gören, denen man mal Grenzen aufzeigen sollte.

Das "schlechte Benehmen" ist einfach ein Zeichen dafür, dass sich das Kind in einem dysregulierten Zustand befindet, der durch die Wahrnehmung von Bedrohung oder Stress ausgelöst wird.

Jedes Kind hat seine ganz individuelle Wahrnehmung davon, was es als bedrohlich empfindet. Die Kinder werden bereits mit unterschiedlich feinen Antennen geboren und machen dann ganz unterschiedliche Erfahrungen, die sie individuell unterschiedlich interpretieren.

Uns bleibt nichts anderes übrig, als aufmerksam zu beobachten, wo die individuellen Grenzen unserer Kinder liegen und diese zu akzeptieren.

Auf dieser Grundlage können wir unseren Kindern Unterstützung und Sicherheit bieten und ihnen helfen, in den ventralen Vaguszustand zurückzukehren. Diesen Prozess nennt man auch Coregulation. Wir ermöglichen es unseren Kindern, wieder ruhig, aufnahmefähig und sozial verbunden zu sein.

Idealerweise achten wir auch präventiv darauf, eine Umgebung zu schaffen, in der das Kind möglichst nicht so häufig in einen dysregulierten Zustand gerät.

Wie du deinem Kind in den Sicherheitszustand hilfst

Eine empathische, liebevolle und feinfühlige Begleitung ist generell das größte Geschenk, das du deinem Kind auf seinem Weg durch die Kindheit und Jugend bereiten kannst.

Wenn es in Gefahr gerät, in einen dysregulierten Zustand zu geraten oder bereits dort gelandet ist, dann kannst du gezielt dafür sorgen, dass das kindliche Gehirn Signale der Sicherheit erfährt.

Hier sind 5 Ansätze, wie das konkret aussehen kann:

1. Einfühlsame Verbindung aufbauen

Durch liebevolle und einfühlsame Interaktionen kannst du eine Verbindung zu deinem Kind herstellen, die ihm dabei hilft, sich zu beruhigen und zu regulieren. 

Es ist dabei wichtig, dass DU selbst innere Ruhe bewahrst. Das bedeutet nicht, dass du deine Gefühle unterdrücken oder eine betont ruhige und freundliche Elternfassade aufsetzen sollst. Es geht vielmehr darum, deine eigenen Gefühle achtsam wahrzunehmen, ihnen Raum zu geben und dich bewusst zu regulieren. 

Kinder sind sehr feinfühlig und nehmen die Stimmung ihrer Bezugspersonen wahr. Wenn du selbst ruhig und gelassen bist, kannst du deinem Kind helfen, sich sicher zu fühlen. Dieses Phänomen nennt man auch Coregulation.

Zeige Präsenz, indem du physisch und emotional für dein Kind da bist. Physische Nähe, wie Umarmungen, sanftes Streicheln oder das Halten der Hand, sind wichtige Aspekte von Geborgenheit. Allerdings ist es wichtig, auf die Signale deines Kindes zu achten, da nicht jedes Kind gerne berührt wird oder dies zu jeder Zeit möchte. Achte auf die Bedürfnisse deines Kindes und respektiere seine Grenzen.

Nimm dir auch Zeit für gemeinsame Aktivitäten, die entspannen und verbinden. Lest gemeinsam, geht in die Natur, macht Musik, tanzt, spielt zusammen oder lebt euch kreativ aus. 

Zeige Interesse an den Bedürfnissen und Erfahrungen deines Kindes und sei verfügbar, um sensibel auf seine Signale und Botschaften zu reagieren. Womit wir auch schon beim zweiten Ansatz wären.

2. Dein Kind im Umgang mit Emotionen und Bedürfnissen schulen

Höre einfühlsam zu und zeige Verständnis. Nimm dir Zeit und versuche, die Gefühle und Bedürfnisse deines Kindes wirklich zu verstehen. Gib ihm die Möglichkeit, seine Gedanken und Sorgen auszudrücken, ohne zu urteilen oder zu kritisieren. Zeige Verständnis und Mitgefühl für seine Empfindungen und gib ihm das Gefühl, dass es gehört und akzeptiert wird.

Es ist wichtig, dass du deinem Kind erlaubst, seine Emotionen auszudrücken, ohne sie abzulehnen oder zu bestrafen. Indem Eltern die Gefühle ihrer Kinder anerkennen und validieren, helfen sie ihnen, ihre Emotionen besser zu verstehen und zu verarbeiten.

Wenn du dein Kind bei der Emotionsregulation unterstützen möchtest, hilf ihm, seine Gefühle verbal zu benennen und die damit verbundenen Bedürfnisse auszudrücken. Sprich mit ihm darüber, wie du selbst in schwierigen Momenten deine Emotionen regulierst, und ermutige es, darüber nachzudenken, was es selbst tun kann.

Vielleicht möchtet ihr gemeinsam Entspannungstechniken ausprobieren, wie zum Beispiel tiefe Atmung, progressive Muskelrelaxation oder beruhigende Visualisierungen und Phantasiereisen. Auch sensorische Elemente wie leise Musik, angenehme Düfte, Massagen oder sensorisches Spielzeug wie Knete oder Fidgets können zur Entspannung beitragen.

Du solltest deinem Kind vermitteln, dass die Emotionsregulation eine Fähigkeit ist, die im Laufe der Zeit und mit Übung erlernt wird. Wenn dein Kind weiß, dass es von dir selbst bei "Misserfolgen" keine Ablehnung erfährt, sondern dass du einfühlsam und unterstützend an seiner Seite stehst, kann es sich besser auf diesen Prozess einlassen.

3. Strukturierte, vorhersagbare Umgebung und Rituale schaffen

Kinder fühlen sich sicherer, wenn sie wissen, was als nächstes passieren wird. Etabliere daher klare Routinen und Abläufe, die den Kindern dabei helfen, sich besser zu orientieren. Insbesondere bei Übergängen, wie dem Aufstehen am Morgen oder dem Zubettgehen am Abend, können gut durchdachte Routinen den gesamten Familienalltag erleichtern.

In Situationen, in denen dein Kind wiederholt in dysregulierte Zustände gerät, kann eine strukturierte Routine helfen, diese zu entschärfen. Berücksichtige dabei die Bedürfnisse aller Familienmitglieder und integriere entspannende und verbindende Elemente wie Vorlesen, Kuscheln oder bestimmte Entspannungstechniken.

Wenn deinem Kind Autonomie wichtig ist, dann plane diese Abläufe gemeinsam. Es geht nicht darum, dem Kind etwas aufzudrängen, sondern um eine sicherheitsgebende Struktur, die dein Kind akzeptiert und mitgestaltet.

4. Ruhe und Rückzugsort anbieten

Biete deinem Kind einen Rückzugsort an, an dem es sich zurückziehen und zur Ruhe kommen kann, wann immer es das Bedürfnis hat. Das kann eine gemütliche Leseecke oder ein ruhiger Raum sein, in dem es malen, puzzeln, Musik hören oder Hörspiele genießen kann - ein Ort, an dem es einfach ungestört sein kann. Dieser Rückzugsort ermöglicht es deinem Kind, sich bei Bedarf zurückzuziehen, herunterzukommen und sich sicher zu fühlen.

Es ist wichtig, diesen Rückzugsort nicht als Strafe bei unangemessenem Verhalten zu verwenden, sondern als offenes Angebot. Viele Kinder, insbesondere jüngere, ziehen es vor, in einem dysregulierten Zustand lieber bei ihrer Bezugsperson zu bleiben. Manchmal ist es auch hilfreich, sich mit dem Kind gemeinsam aus einer überfordernden Umgebung herauszubegeben, wie z.B. einem Supermarkt oder einer Familienfeier, und es an einem ruhigen Ort zu beruhigen.

5. Begleitung durch schwierige Situationen anbieten

Früher waren es übliche erzieherische Maßnahmen, sich von Kindern, die sich nicht "ordentlich" verhielten, abzuwenden oder sie mit Schreien und Strafen einzuschüchtern. Man war der Meinung, dass unerwünschtes Verhalten nicht mit freundlicher Zuwendung belohnt werden sollte.

Wenn jedoch hinter dem schwierigen Verhalten des Kindes eine schmerzhafte innere Not steht, dürfen wir unsere Kinder nicht allein damit lassen. Gerade in solchen Momenten brauchen sie unsere Unterstützung am dringendsten!

Es mag sein, dass ein Kind, das sich aggressiv verhält und dann von seinen Eltern ignoriert oder beschimpft wird, irgendwann aufhört. Genauso wie ein Baby irgendwann aufhört, nachts nach der Mutter zu schreien, wenn es merkt, dass niemand kommt.

Diese Kinder haben sich jedoch nicht beruhigt. Sie sind nicht "endlich zur Vernunft gekommen". Sie wechseln vielmehr aus dem Kampf- oder Fluchtmodus, in dem sie noch bereit waren, für ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen einzustehen, in den Erstarrungszustand. Auch wenn sie dann nicht mehr so störend wirken, stehen sie unter starkem Stress.

Also, was kannst du stattdessen tun, wenn dein Kind herausforderndes Verhalten zeigt? Bleibe an seiner Seite. Hilf ihm, sich durch deine Ruhe und Präsenz zu regulieren. Gib ihm die richtigen Worte, um seine Gefühle, Bedürfnisse und Grenzen zu benennen. Sucht gemeinsam nach Strategien, um sich zu entspannen. Biete dich als gute Zuhörerin, Sparringspartnerin und Mediatorin bei Konflikten an.

Liebe bedeutet, für dein Kind da zu sein, wenn es ihm nicht gut geht.

Du bist jedoch nicht die einzige Person, die für dein Kind in schwierigen Situationen da sein kann. Fördere positive soziale Interaktionen und unterstütze dein Kind dabei, enge Beziehungen zu Familienmitgliedern, Freunden oder anderen vertrauenswürdigen Personen aufzubauen.

Es tut uns Menschen generell gut, mehr als nur eine Person zur Auswahl zu haben, an die wir uns in schwierigen Lagen wenden können. Eine starke soziale Unterstützung kann dazu beitragen, Stress zu reduzieren und das Wohlbefinden deines Kindes zu fördern.

Und was ist mit dir, Mama?

Wenn du bis hierhin gelesen hast, dann leuchten dir meine Worte wahrscheinlich ein, und du bist gewillt, deinem Kind die Unterstützung zu bieten, die es braucht, um nicht mehr so häufig in dysregulierte Zustände zu geraten. Und du möchtest auch an der Seite deines Kindes stehen und sein Fels in der Brandung sein, wenn es sich stressbedingt gerade von einer schwierigen Seite zeigt.

Möglicherweise ist das für dich aber nicht so leicht umzusetzen, wie es sich liest. Das kann einen oder mehrere der folgenden Gründe haben:

1. Du weißt nicht, was du konkret tun sollst.

Es kann sein, dass du zwar in der Theorie verstehst, wie wichtig eine einfühlsame Begleitung deines stressgeplagten Kindes ist, in der Praxis aber völlig überfordert damit bist.

Zum einen fehlen dir die Vorbilder. Du hast weder deine eigenen Eltern noch irgendwelche anderen Eltern ausgiebig dabei beobachten dürfen, wie sie ihren Kindern auch in den besonders herausfordernden Situationen bedürfnis- und beziehungsorientiert zur Seite stehen.

Wenn du in der konkreten Situation bist, fehlen dir einfach die Ideen, wie du damit umgehen sollst.

2. Dir stehen irreführende Gedanken im Weg.

Auch wenn du grundsätzlich für dein Kind da sein möchtest, kommen in Situationen, in denen dein Kind sich nicht so verhält, wie du es gerne hättest, irreführende Gedanken in dir auf. Solche Gedanken wie "Mein Kind zeigt einfach keinen Respekt!" stehen dir im Wege und lassen keine achtsame Verbundenheit mit deinem Kind zu.

Es handelt sich dabei um Glaubenssätze, die wir unbewusst von anderen übernommen haben und von denen wir uns im Leben leiten lassen. Es lohnt sich, ihnen auf die Spur zu kommen und sie im Lichte des Bewusstseins zu überprüfen, ob wir sie tatsächlich als Leitlinie für unser Leben weiterführen oder lieber aussortieren und durch förderlichere Gedanken ersetzen wollen.

3. Dein Kind triggert schmerzhafte Kindheitserfahrungen in dir.

Es kann auch vorkommen, dass du trotz all deiner guten Vorsätze von starken Emotionen überwältigt wirst, wenn du mit deinem Kind interagierst. Dies kann passieren, wenn das Verhalten deines Kindes schmerzhafte Erinnerungen aus deiner eigenen Kindheit hervorruft.

Wenn zum Beispiel deine Eltern dich bestraft haben, indem sie dich wegschlossen, bis du wieder "brav" warst, wenn du Widerworte gegeben hast, dann können Widerworte deines eigenen Kindes dir gegenüber eine überwältigende innere Alarmreaktion auslösen. Du hast möglicherweise gelernt, dass Widerworte lebensbedrohliche Konsequenzen haben können. In deiner damaligen Situation warst du auf die Zuwendung deiner Bezugspersonen angewiesen, weshalb es sich tatsächlich lebensbedrohlich angefühlt haben mag.

Dieses überwältigende, schmerzhafte Gefühl der Hilflosigkeit kann allein durch ein Widerwort deines Kindes ausgelöst werden. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass dein Kind nicht für deinen eigenen Schmerz verantwortlich ist, und du solltest darauf achten, ihm nicht die gleichen emotionalen Verletzungen zuzufügen, die du selbst erfahren hast.

Daher ist es von großer Bedeutung, sich dieser Zusammenhänge bewusst zu werden und ihnen entgegenzuwirken, wenn möglich.

4. Du bist es nicht gewohnt, dich selbst zu reflektieren.

Möglicherweise fällt es dir schwer, dein eigenes Verhalten kontinuierlich auf konstruktive Weise zu hinterfragen. Du hast vielleicht Schwierigkeiten dabei, dir deiner Glaubenssätze und Trigger bewusst zu werden. Dies kann dazu führen, dass du immer wieder in ungesunde Muster verfällst und es dir schwerfällt, neue unterstützende Verhaltensweisen zu entwickeln. Eine bewusste Selbstreflexion kann dir dabei helfen, deine eigenen Reaktionen zu verstehen und positive Veränderungen herbeizuführen.

5. Du befindest dich selbst in einem dysregulierten Zustand.

Der Kampf- oder Fluchtzustand sowie der Erstarrungszustand kommen nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen vor.

Wenn wir als Erwachsene gestresst sind, sind wir einfach nicht in der Lage, uns liebevoll, einfühlsam, präsent und ruhig um die Gefühle unserer Kinder zu kümmern.

Es ist ganz natürlich, dass eine Mutter im Kampf- oder Fluchtmodus sich nicht durch innere Ruhe und Präsenz um die Regulation ihres Kindes kümmern kann. Im Gegenteil, sie kann den empfundenen Stress ihres Kindes sogar verstärken.

In solchen Momenten handeln wir eher impulsiv und aggressiv, haben kaum Zugang zu rationalen und kreativen Denkprozessen und können uns einfach nicht mehr in unser Kind einfühlen. Das ist menschlich.

Daher ist es wichtig, dass Eltern ihr Leben so organisieren, dass sie selbst nicht übermäßig gestresst sind. Sie sollten wissen, wie sie gut für sich selbst sorgen und sich selbst regulieren können.

Ähnlich wie dein Kind, profitierst auch du von einem starken Unterstützungssystem, das dir zur Seite steht und dich entlastet, wenn es nötig ist. Du brauchst ebenfalls jemanden, dem du dich anvertrauen kannst, wenn es dir nicht gut geht, oder von dem du Rat erhältst, wenn du Hilfe benötigst. Investiere daher in Beziehungen, die dir langfristig guttun.

Nur eine Mutter, die sich im emotionalen Gleichgewicht befindet, hat die Möglichkeit, ihren Kindern in einer Weise beizustehen, die ihnen hilft, selbstfürsorgliche Lebensführung zu erlernen.

Sei also freundlich und nachsichtig mit dir selbst, wenn du nicht immer in der Lage bist, dies in allen Lebenslagen umzusetzen oder wenn du dich manchmal überlastet fühlst. Indem du liebevoll mit dir selbst umgehst und für dich selbst sorgst, kannst du dich leichter selbst regulieren und eine liebevolle und unterstützende Atmosphäre für dein Kind schaffen.

Ich biete dir Unterstützung an.

Als Mama möchtest du die beste Version von dir selbst sein, und ich stehe dir mit meinem Jahresprogramm "Bewusster leben als Mama" zur Seite. Wenn du unter einem oder mehreren der genannten Gründe leidest, biete ich dir Hilfe und Unterstützung.

Über ein ganzes Jahr hinweg begleite ich dich Schritt für Schritt dabei, eine gesunde Selbstregulation zu erlernen, die du dann an deine Kinder weitergeben kannst. Du lernst, achtsam deine Gefühle, Bedürfnisse und Grenzen wahrzunehmen und nach geeigneten Strategien zur Regulation Ausschau zu halten.

Ich beantworte regelmäßig Fragen aus eurem Alltag mit den Kindern in meinen Fragen-Antwort-Audios, und wir können uns auch im Forum schriftlich mit anderen Müttern austauschen. Dort findest du einen geschützten virtuellen Raum, in dem du Frauen triffst, die ähnliche Erfahrungen machen wie du. Hier kannst du einfach mal Dampf ablassen und dich verstanden fühlen. Gleichzeitig ermutigen wir uns gegenseitig, das Positive und Hilfreiche im Leben nicht aus den Augen zu verlieren.

Du erhältst regelmäßig Aufgaben zur Selbstreflexion, um deine Werte, Ziele, Verhaltensmuster, Glaubenssätze und Trigger besser zu verstehen. Auf dieser Grundlage kannst du neue, förderliche Wege einschlagen.

Du kannst dich hier informieren und gerne ein unverbindliches Kennenlerngespräch mit mir vereinbaren. Ich freue mich darauf, dich zu unterstützen!

Autorin Lena Franck

Ich bin Mama-Coach und selbst Mama dreier Kinder, die 10, 8 und 4 Jahre alt sind. Ich unterstütze Mamas dabei, sich wieder zufriedener und ausgeglichener zu fühlen, um für ihre Kinder endlich die entspannte und fröhliche Mama sein zu können, die sie sich eigentlich für sie wünschen. Denn eine zufriedene Mama ist die beste Mama, die du sein kannst!

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