Hast du auch manchmal das Gefühl, dass das Familienleben ein einziges emotionales Chaos ist? In einer Familie zu leben bedeutet, täglich mit großen Gefühlen umgehen zu müssen.

Viele Bedürfnisse werden durch das Beisammensein gestillt und stimmen fröhlich und zufrieden. Dazu gehören Bedürfnisse nach Nähe, Gemeinschaft und Verbundenheit, wir fühlen uns mit unserem Beitrag wertvoll und selbstwirksam, können aber auch unserer Kreativität, unserer Lebendigkeit und unserer Spielfreude Ausdruck verleihen. 

Andererseits werden zwangsläufig auch oft persönliche Grenzen überschritten und nicht immer können die Bedürfnisse aller gleichermaßen berücksichtigt und zeitnah erfüllt werden. Regelmäßig kommt es zu Bedürfniskonflikten und damit Unfrieden in der Familie.

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Da verwundert es nicht, dass wir Mamas, wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse zugunsten der anderen immer wieder hinten anstellen, manchmal zu übel gelaunten „Mecker-Monstern“ mutieren. Wir fühlen uns dann unausgeglichen, erschöpft, nicht genug wertgeschätzt – wir haben unsere eigenen Grenzen überschritten und das Gemecker ist nur ein Symptom davon.

Gleichzeitig kann es sein, dass ein Kind sich den lieben langen Tag lang im Kindergarten, bei Oma oder im Turnen so viel zusammengerissen und kooperiert hat, dass es am Abend statt brav den Schlafanzug anzuziehen und die Zähne zu putzen, sich weigert und durch freches Verhalten provoziert. In solchen Momenten sagen wir dann vielleicht: „Das Kind ist einfach drüber!“

In diesen beiden Beispielen geht es um das Bedürfnismanagement in der Familie. Mit etwas Selbstreflexion, einem nüchternen Blick von außen, können wir wiederkehrende Situationen verändern, sodass die einzelnen Familienmitglieder seltener in diesen emotionalen Keller rauschen müssen.

Emotionale Trigger aus der Vergangenheit

Manchmal kommen jedoch urplötzlich Gefühle auf, die mit den aktuellen Bedürfnissen gar nichts zu tun haben.

Kennst du das, wenn sich von jetzt auf gleich deine Laune schlagartig verändert? Eben noch warst du voller Energie und Tatendrang, konntest deine Familie mit Leichtigkeit durch das Chaos des Alltags navigieren.  Und dann passiert irgendetwas.

Zum Beispiel sagt dein Kind: „Blöde Mama, du alte Mecker-Ziege!“, nachdem du es lediglich gebeten hast, seine Jacke ordentlich aufzuhängen. 

Oder die Erzieherin berichtet im Tür- und Angelgespräch, dass dein Kind heute (schon wieder) eher nur für sich gespielt hat. 

Bei dir ist es vielleicht etwas völlig anderes, das dich extrem aus der Ruhe bringt. Was auch immer es ist, in der Regel handelt es sich um etwas, das sachlich betrachtet keine Katastrophe ist.

Und trotzdem hat sich nach diesem kleinen Ereignis für dich emotional alles geändert. Du fühlst dich vielleicht genervt, alleingelassen und überfordert. Vielleicht reagierst du sofort oder beim nächsten kleinen Anlass über, statt die Alltagshürden mit Gelassenheit und Humor zu umschiffen. Oder du fühlst dich schlapp, müde und antriebslos und hast nicht die geringste Lust, auf dein Kind einzugehen, wünschst dich einfach nur weit weg.

Woran liegt das?

Jeder Mensch ist aufgrund seiner individuellen Erfahrungen im Zusammenspiel mit seinen genetischen Anlagen geprägt. Was den einen nicht weiter irritiert, kann bei dem anderen die Alarmglocken läuten lassen. Sie werden dann durch einen Trigger emotional überrollt und reagieren mit einer Kampf- oder Flucht-Reaktion. 

Wer sich als Kind oft nicht respektiert, nicht in seinen Bedürfnissen gesehen gefühlt hat, wer damals aus einer hilflosen Situation heraus Schimpftiraden über sich ergehen lassen musste und beschämt wurde, der reagiert auf das „blöde Mama, du alte Mecker-Ziege!“ mit einem Schwall von Ohnmacht- und Wut-Gefühlen – verbunden mit der verzweifelten Frage: „Was habe ich in der Erziehung falsch gemacht, dass das Kind mich so gar nicht respektiert?“

Eine Mutter mit anderen Erfahrungen hätte vielleicht gedacht: „Wow, hat das Kind aber eine Laune! Was könnte es wohl erlebt haben, dass es jetzt so schnell an die Decke geht?“ Diese Mutter könnte sich darauf konzentrieren, ihr Kind in seinen schwierigen Emotionen zu begleiten.

Ähnlich verhält es sich bei der Bemerkung über das Kind, das im Kindergarten nur für sich gespielt hat. Vielleicht wurde eine Mutter in ihrer Kindheit oder Jugend von anderen ausgeschlossen und gemobbt. Wenn sie hört, dass ihr Kind im Kindergarten wiederholt für sich spielt, kommen alte Gefühle der Einsamkeit und Verzweiflung hoch. Besorgt setzt sie alles daran, ihr Kind vor dem Außenseiterdasein zu bewahren – was wiederum das Kind entsprechend prägt.

Im Vergleich dazu hätte eine andere Mutter, bei denselben Worten der Erzieherin gedacht: „Oha, die Eingewöhnung dauert bei meinem Kind ja länger als gedacht. Na ja, wenigstens spielt es zufrieden vor sich hin; das andere kommt sicher mit der Zeit.“ Diese Perspektive hätte die Laune der Mutter nicht weiter beeinträchtigt und die beiden wären vergnügt plaudernd nach Hause gegangen.

Diese Beispiele zeigen, wie unsere Erfahrungen in unserer Kindheit und Jugend oft unbewusst über emotionale Trigger unser Miteinander in der Familie beeinflussen.

Die Maske der perfekten Mama

Dieses Phänomen geht manchmal auch noch eine Ebene weiter. Wer zu den Menschen gehört, die ihre Gefühle besonders gut verdrängen und sogar vor sich selbst verbergen können, bleibt im Alltagstrubel oft geschäftig und professionell. Wenn du dazugehörst, benimmst du dich deinen Kindern gegenüber möglicherweise wie eine Bilderbuch-Mama. Du setzt all das um, was du in den schlauen Elternratgebern gelesen hast.

Doch du fühlst es eben nicht. Es ist nur eine Fassade. Und Kinder merken das. Sie spüren, wenn deine Worte und dein Auftreten nicht mit dem übereinstimmt, was sie sonst an Signalen empfangen. Deine Angst, deine Verzweiflung, deine Wut – ein Kind empfindet es als extrem unbehaglich, wenn sich Gefühls- und Ausdrucksebene nicht decken. Du kannst es nicht auf allen Ebenen verbergen, wenn eine Situation einen Trigger in dir aktiviert.

Das Kind übernimmt deine Emotionen

Wenn Mütter versuchen, ihre Gefühle zu verbergen oder sich selbst zu verleugnen, spüren Kinder oft die emotionale Unruhe in ihrer Umgebung. Sie sind äußerst sensibel für nonverbale Signale und können die unausgesprochenen Spannungen aufnehmen. Das führt dazu, dass sie selbst unruhig werden und ihre eigenen Emotionen intensiver ausleben.

Und dann kann es passieren, dass nicht DU auf einmal die schlechte Laune oder die explosiven Gefühle in deinem Verhalten nach außen trägst, sondern dein Kind dies für dich übernimmt. Bestimmt kennst du das auch: Dein Kind hat sich so scheinbar gar nicht mehr unter Kontrolle, wenn du es am wenigsten brauchen kannst.

Nehmen wir an, du bist nach einem langen Arbeitstag nach Hause gekommen, hast am Nachmittag versucht, deine Aufgaben zu erledigen und gleichzeitig ein offenes Ohr für die Bedürfnisse deines Kindes zu haben. Doch dann kommt dieser eine Moment: Dein Kind fängt an zu weinen, weil es sein Lieblings-Kuscheltier nicht finden kann. Anstatt ihm Trost zu spenden, spürst du einen Schwall von Frustration in dir aufsteigen. Du hast das Gefühl, dass du jetzt einfach nicht mehr kannst.

In diesem Moment überträgt sich deine innere Anspannung auf dein Kind. Es merkt, dass etwas nicht stimmt. Plötzlich wird aus dem Weinen deines Kindes ein Wutausbruch. Es schreit und wirft Spielsachen durch den Raum. Du bist überfordert und hast keine Ahnung, wie du die Situation wieder unter Kontrolle bekommen sollst. Es ist zu viel für dich, deine Ressourcen sind erschöpft.

Eine Rückkopplungsschleife entsteht: Deine eigene innere Unruhe und die unausgesprochenen Emotionen werden durch das Verhalten deines Kindes verstärkt. Du bist frustriert und fühlst dich missverstanden, während dein Kind auf seine Weise versucht, seine eigenen Gefühle auszudrücken – oft in einer Form, die für dich schwer verständlich ist. Ihr schaukelt euch gemeinsam in einem Teufelskreis der Gefühle immer weiter hoch.

Was uns hilft, mit dem Gefühls-Wirrwar umzugehen

Diese ständigen Achterbahnfahrten der Gefühle sind etwas, mit dem wir alle kämpfen. Ich kenne das nur zu gut: Nach einem langen Tag nach Hause zu kommen und dann mit den kleinsten Dingen überfordert zu sein – das ist frustrierend.

Das Gute ist, unsere Kinder brauchen keine perfekte Mutter – im Gegenteil. Es ist völlig in Ordnung, zu fühlen, dass uns alles über den Kopf wächst. 

Wenn du merkst, dass etwas in dir hochkommt, nimm dir kurz einen Moment, um das wahrzunehmen und zu reflektieren: Was hat diese Reaktion ausgelöst? Manchmal sind es akute unerfüllte Bedürfnisse, manchmal alte Gefühle, die durch Trigger einfach wieder hochploppen. Alleine uns das bewusst zu machen und Selbstmitgefühl zu haben hilft ungemein.

Gleichzeitig ist es wichtig, unseren Kindern zu zeigen, dass es auch für uns herausfordernd sein kann, mit unseren eigenen Emotionen umzugehen. Sag deinem Kind einfach, wie du dich fühlst. Es hilft nicht nur dir, sondern zeigt auch deinem Kind, dass es okay ist, Gefühle zu haben und darüber zu sprechen. 

Da wir andererseits auch nicht ständig von einer herausfordernden emotionalen Situationen in die nächste schlittern wollen, kann es zusätzlich helfen, den Alltag mit Hilfe von Ritualen zu strukturieren und etwas Stabilität zu bieten. 

Sicher habt ihr solche Rituale schon längst! Gemeinsames Abendessen, vor dem Schlafen gehen noch Vorlesen oder den Tag gemeinsam kuschelnd Revue passieren lassen – all das reduziert Stress und spendet Sicherheit. 

Nimm dir jetzt kurz Zeit, bereits bestehende Rituale wertzuschätzen. Und vielleicht fällt dir auch direkt ein bestimmter Zeitpunkt in eurem Tagesablauf ein, für den du gerne ein neues Ritual einführen möchtest, um die Bedürfnistanks gezielt aufzuladen und so entspannter durch wiederkehrend emotional schwierige Situationen zu kommen.

Unterstützung auf deinem Weg

Vielleicht hast du jetzt Lust, dich auf den Weg zu machen, um deine eigenen Bedürfnisse, Emotionen und Trigger durch intensive Selbstreflexion besser kennenzulernen und einen bewussteren Umgang damit im Familienalltag zu finden. 

Falls du dir dabei Anleitung  und Unterstützung wünschst, lade ich dich herzlich ein, mehr über mein Online-Programm "Bewusster leben als Mama" zu erfahren. Gemeinsam können wir an diesen Themen arbeiten und das Familienleben ein Stück entspannter gestalten.

Autorin Lena Franck

Ich bin Mama-Coach und selbst Mama dreier Kinder, die 11, 9 und 4 Jahre alt sind. Ich unterstütze Mamas dabei, sich wieder zufriedener und ausgeglichener zu fühlen, um für ihre Kinder endlich die entspannte und fröhliche Mama sein zu können, die sie sich eigentlich für sie wünschen. Denn eine zufriedene Mama ist die beste Mama, die du sein kannst!

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