Alle Mamas wollen das Beste für ihre Kinder. Aber oft ist es gar nicht so leicht zu entscheiden, wie man sich nun verhalten soll, um dieses „Beste“ zu erreichen. 

Zum Glück wissen wir heute durch die Forschungsarbeit der Neurowissenschaften viel über die Entwicklung des kindlichen Gehirns. Wir wissen, dass Kinder durch früher übliche Erziehungsmaßnahmen wie Bestrafung und Belohnung nicht dabei lernen, selbstständig wohlüberlegte Entscheidungen zu treffen. 

Vielmehr führen solche Maßnahmen (auch Manipulation, Erpressung und Bestechung) dazu, dass Kinder aus Angst vor Strafe oder aus dem Wunsch heraus, den Eltern zu gefallen, sich so verhalten, wie es von ihnen erwartet wird.

Das führt unter Umständen dazu, dass unsere Kinder ein Leben lang versuchen, die von außen an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen, anstatt auf ihre Bedürfnisse zu hören und eigene Entscheidungen zu treffen, die sie von innen heraus zufrieden machen – denn als Kinder haben sie versäumt, genau das in geschütztem Umfeld zu lernen.

2015 lag die statistische Geburtenrate in Deutschland bei 1,5 Kindern je Frau. Dies ist der Höchststand seit 1982.

Die geringe Kinderdichte in Deutschland hat zur Folge, dass immer mehr Menschen unsicher, teilweise überfordert sind, sobald sie selbst Eltern werden.

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Zum Glück gibt es heute viele aufgeklärte Eltern, für die die Beziehung zu ihrem Kind sehr wichtig ist.

Haben Eltern und Kind eine gute Bindung zueinander und fühlt sich das Kind bedingungslos geliebt – auch wenn es sich nicht so verhält, wie von den Eltern gewünscht, – hat es beste Voraussetzungen, zu einem psychisch gesunden, selbstbewussten, glücklichen und empathischen Erwachsenen heranzureifen. 

Auf der Basis dieser neuen Bewegung stellen viele Frauen sehr hohe Anforderung an sich selbst als Mutter. Sie haben große Angst, im Zusammenleben mit ihren Kindern Fehler zu begehen, die psychische Schäden verursachen könnten und die dem Kind im Erwachsenenalter zum Verhängnis werden.

Kaum ein Mädchen wurde groß, ohne dass es die Möglichkeit hatte, beiläufig die Rolle als Mutter zu erlernen und einzuüben.

Aus dem Wunsch heraus, alles richtig machen zu wollen, wird der Ansatz der bedürfnisorientierten Erziehung leider oft falsch verstanden. Das führt dazu, dass Mamas sich bis an den Rand der Erschöpfung aufopfern und ausgerechnet infolge dessen nicht in der Lage sind, mit ihrem Kind in die nötige Verbindung zu treten, auf der der Ansatz eigentlich beruht.

Lass uns im Folgenden solche häufig begangenen Denkfehler unter die Lupe nehmen.

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Es mangelte nicht an Gelegenheiten zu beobachten, wie Erwachsene mit Säuglingen umgehen. Ganz selbstverständlich passten die Mädchen (aber sicher auch die Jungen) auf ein Nachbarbaby, den kleinen Cousin oder das eigene jüngere Geschwisterkind auf.

1. Mama versucht, nicht wütend zu werden

Um mit unserem Kind liebevoll verbunden zu sein, wollen wir ihm stets freundlich und zugewandt begegnen. Ja, wir wollen ihm stets unsere bedingungslose Liebe versichern, denn dadurch kann es ein Urvertrauen aufbauen und gestärkt in die Welt ziehen.

Fehler Nr. 1 als Podcast hören?

Es gibt allerdings einen gefürchteten Feind vieler Mütter: die eigene Wut. Wenn diese urplötzlich das Ruder in die Hand nimmt, scheinen wir alle guten Vorsätze über Bord zu werfen und gehen wider besseres Wissens auf unsere Kinder los. Wir haben uns nicht im Griff, schreien die Kinder an oder fassen sie grob an. Hinterher zerfleischen wir uns, was wir doch für schlechte Mütter seien und schämen uns für unser Verhalten. 

Zum Antritt unserer Mutterschaft wissen viele von uns kaum etwas von all den Problemen, die es beim Großziehen der Kinder natürlich schon immer gegeben hat.

Das blöde ist nur, dass der Versuch, die Wut einfach zu unterdrücken, unsere Lage eigentlich noch verschlimmert.

Die Wut kommt auf, weil eines unserer Bedürfnisse nicht beachtet wurde. Sie möchte eigentlich nur mal an unserem Rockzipfel ziehen und uns das mitteilen.

Wenn wir die Wut mit Nichtbeachtung strafen, dann wird sie immer stärker, bis sie sich irgendwann unkontrollierbar entlädt.

Stattdessen sollten wir die Wut eigentlich mit Dankbarkeit empfangen. Denn in einem bedürfnisorientierten Miteinander geht es schließlich darum, dass Bedürfnisse gesehen werden – und zwar die von allen Familienmitgliedern!

Statt die Wut einfach zu unterdrücken, möchte ich dich dazu ermutigen, schon auf die allerkleinsten Vorboten dieser Wut zu achten. Wann kommt in dir ein erster Wiederwille, ein Unwohlsein auf, das sich bei Nichtbeachtung zu einer ausgewachsenen Wutkatastrophe entwickeln könnte? Die Wahrnehmung dieser Anzeichen kannst du trainieren.

Wenn du auf diese Frühwarnzeichen achtest und dein Augenmerk auf deine nicht erfüllten Bedürfnisse richtest, noch bevor du in den Stressmodus verfällst, steht dir dein gesamtes Gehirnpotential zur Verfügung, um über verschiedene Strategien zur Erfüllung dieses Bedürfnisses nachzudenken – bis hin zu einem bewussten Aufschieben der Bedürfniserfüllung. 

Zumindest wurde das Bedürfnis so einmal wahrgenommen und beachtet und muss sich nicht mehr in einem unkontrollierbaren Anfall entladen.

Was, wenn es uns nicht gelungen ist, diese Vorboten zu bemerken und unser Bedürfnis zu sehen – sprich: Wenn wir doch wieder unsere Kinder anschreien?

Dann lernen unsere Kinder, dass auch wir Erwachsenen mit unseren Gefühlen zu kämpfen haben. Und wir haben die Chance, ihnen vorzuleben, wie wir die Verantwortung für unser Verhalten übernehmen. Wir können uns zum Beispiel hinterher entschuldigen und offen erklären, wie es dazu gekommen ist und was wir in Zukunft gerne tun wollen, damit es nicht mehr so häufig vorkommt. 

Das Kind kann froh sein, keine perfekten Eltern zu haben, denn dann würde es sich selbst „falsch“ vorkommen, wenn es als einzige mit der Emotionsregulation zu kämpfen hätte.

Außerdem möchten Kinder keine „Elternautomaten“, die sich immer nur mit einer künstlich freundlichen Fassade an sie wenden. Auch du darfst mal schlechte Laune haben und sogar deine Wut zeigen, wenn deine Grenzen missachtet werden – allerdings auf eine respektvolle Art, ohne dein Kind herabzusetzen oder Gewalt anzuwenden. Du lebst deinen Kindern vor, was du dir auch von ihnen wünschst.

Es kann auch sein, dass dir die Wut etwas über deine eigenen Verletzungen aus der Kindheit sagen möchte.

Das ist oft der Fall, wenn die Wut im Bruchteil einer Sekunde ganz plötzlich, ohne jegliche Vorboten, in voller Wucht auftaucht. 

Vielleicht durftest du dich in deiner Kindheit nicht gegen die Anordnungen von Autoritätspersonen wehren und entsprechendes auflehnendes Verhalten deines Kindes „triggert“ dich heute. 

Auch dann hilft es dir nicht weiter, die Wut einfach wegzudrücken. Es ist deine Chance hinzusehen, diese alten Wunden bewusst wahrzunehmen und zu heilen. Wenn dir das alleine nicht gelingt, hole dir professionelle Hilfe. Andernfalls „vererbst“ du diese unkontrollierbaren Gefühle durch dein aufbrausendes Verhalten möglicherweise an deine Kinder und Kindeskinder weiter.

2. Mama gibt alles, damit das Kind nicht wütend wird

Nicht nur die mütterliche, nein auch die kindliche Wut ist bei Müttern in der Regel gefürchtet. Ja, manchmal wird sie gar als persönliches Versagen der Mutter angesehen, nach dem Motto: „Wäre es mir gelungen, mit dem Kind in einer liebevollen Verbindung zu bleiben, wäre es gar nicht erst so weit gekommen.“

Fehler Nr. 2 als Podcast hören?

Wir glauben, Ziel des bedürfnisorientierten Umgangs ist es, dass alle in Harmonie zusammenleben. Wir geben uns viel Mühe, also erwarten wir von unseren Kindern, dass sie dann gefälligst auch glücklich sind. Sind sie aber nicht.

Mit einer bedürfnisorientierten Erziehung zwingen wir unser Kind nicht durch diverse Druckmittel, ihre negativen Gefühle zu unterdrücken und eine vermeintlich glückliche Fassade aufzubauen. Erst das Zulassen aller Gefühle ermöglicht es ihnen (genau wie uns), ein gesundes und zufriedenes Leben zu führen.

Wir sollten unseren Kindern vorleben, auf die eigenen Gefühle zu hören und diese auf angemessene Art auszudrücken.

Genau wie für uns Mütter, sind auch die Gefühle der Kinder ein Hinweis auf unerfüllte Bedürfnisse.

Wie sollen wir diese erkennen und erfüllen, wenn wir von unserem Kind verlangen, ihre Gefühle zu unterdrücken?

Wenn wir unser Kind wütend erleben, sollten wir weder versuchen, das Kind abzulenken, „Schau mal, möchtest du ein Gummibärchen?“, noch es abzulehnen „Mit so einem Kind will ich nicht spielen“ oder es mit Isolation oder Nichtbeachtung zu strafen „Geh‘ in dein Zimmer, bis du wieder brav bist“.

Wir sollten auch nicht versuchen, das Erlebte herunterzuspielen „Ach, das braucht dich doch nicht zu ärgern“ oder das Kind zu beschämen „Du bist doch kein Baby mehr, das immer nur brüllt“. Nicht mal der Versuch, es deinem Kind auf Teufel komm raus Recht zu machen, ist eine angemessene Reaktion: „Deine Banane ist zerbrochen? Hier, dann nimm eben eine neue!“

Stattdessen sollten wir unserem wütenden Kind mit Empathie und Interesse begegnen: „Ich sehe, du bist so richtig wütend. Was hat dich denn so wütend gemacht?“ Wenn du dich deinem Kind wertschätzend und voller Neugier zuwendest, könnt ihr zusammen herausfinden, welches Bedürfnis dahintersteckt und was eine angemessene Strategie sein könnte, es zu erfüllen, ohne anderen dabei zu schaden.

Damit hilfst du deinem Kind, seine Gefühle auf eine gesunde Art zu nutzen und zu regulieren. 

3. Mama stellt die Bedürfnisse der Kinder über die eigenen

Manch eine Mutter geht davon aus, eine perfekte Mutter müsse ALLES für die Familie geben und sie glaubt: „Geht es den Kindern gut, geht es auch der Mutter gut!“ Darum steckt sie all ihre Energie in das umfassende Erfüllen der kindlichen Bedürfnisse. 

Fehler Nr. 3 als Podcast hören?

Das ist ein ehrenwertes Ziel. Doch leider gibt es diese Superfrau gar nicht, für die diese Strategie aufgeht.

Nach einiger Zeit stellen Mamas mit diesem Anspruch fest: Es ist nie genug. Und dabei gehen diese Mütter aufgrund ihrer hohen Ambitionen schon auf dem Zahnfleisch, haben mit Erschöpfung und psychischen sowie physischen Krankheiten zu kämpfen. Am Ende geht es den Kindern nicht gut und auch der Mutter nicht.

Stattdessen sollte der Leitsatz lauten: Geht es der Mutter gut, geht es auch den Kindern gut. Wenn du als Mama gut für dich sorgst, dann hast du die nötige Energie, feinfühlig und gelassen mit deinen Kindern umzugehen, auf ihre Bedürfnisse zu achten und die verschiedenen Bedürfnisse, die in der Familie aufkommen, klug zu managen.

Natürlich ist und bleibt es anstrengend, mit kleinen Menschen zusammenzuleben, die eigene Bedürfnisse haben, für deren Erfüllung du verantwortlich bist. Aber gerade deswegen solltest du auch deine Verantwortung für dich selbst übernehmen. 

Du kannst trainieren, die verschiedenen Bedürfnisse in der Familie wahrzunehmen und Entscheidungen zu treffen, wann welches Bedürfnis welches Familienmitgliedes Vorrang hat, mit welchen Strategien du es ressourcenschonend erfüllen kannst und wie du vielleicht sogar die Erfüllung verschiedener Strategien klug kombinieren kannst.

Es liegt auf der Hand, dass du für solch komplexe Entscheidungen selbst genügend Energie in Reserve haben solltest. Daher mein Aufruf: Sorge (auch) für dich!

4. Mama hält Wünsche und Bedürfnisse nicht auseinander

Zum klugen Haushalten mit Ressourcen zur Bedürfniserfüllung mehrerer Familienmitglieder gehört auch, das auseinanderhalten von Wünschen und Bedürfnissen. Es geht darum, was dein Kind wirklich braucht, nicht, was es sich vielleicht lautstark wünscht.

Fehler Nr. 4 als Podcast hören?

Wenn du zum Abendessen Lisas Wunsch nach Nudeln mit Tomatensoße, Pauls Wunsch nach einer Wurst, Hannas Wunsch nach Gummibärchen und deinen eigenen Wunsch nach einer Pizza mit Thunfisch erfüllen willst, wird das natürlich anstrengend. Aber ein Wunsch ist kein Bedürfnis. 

Ihr alle habt das Bedürfnis nach einer Mahlzeit, die euch sättigt und nährt. Du bist die Erwachsene und solltest diesen Weitblick haben und für eine gesunde Mahlzeit sorgen – das muss nicht jedes Kind glücklich machen. Natürlich darf man auch mal dem ein oder anderen Wunsch nachgeben. Aber das sollte weder in einem konstant ungesunden Lebensstil noch in der Erfüllung jedes Extrawunsches enden. Damit kämst du deiner Verantwortung als Mutter – so hart das klingen mag – nicht nach.

Weder deine Kinder noch du selbst, haben das Bedürfnis vor dem Fernseher zu sitzen oder ein Stück Kuchen zu essen. Das sind Wünsche.

Hinter jedem Wunsch steckt aber auch ein Bedürfnis. Und das kann bei jeder Person und in jeder Situation ein anderes sein.

Dem gilt es wie ein Detektiv nachzugehen und abzuwägen, ob die Strategie Fernsehen oder Kuchen essen wirklich die geeignetste ist. 

Steckt hinter dem Wunsch nach Fernsehen, das Bedürfnis nach Ruhe? Dann könntet ihr vielleicht auch ein Buch lesen. Steckt dahinter das Bedürfnis nach Entspannung? Eventuell wäre eine aktive Entspannung, wie Bewegung in der Natur zielführender? Wollen wir wirklich unbedingt ein Stück Kuchen essen oder geht es uns um die fehlende Energie? Gibt es gesündere Alternativen, die dich langfristig fit machen?

Wenn du deinen darauf basierenden Entschluss durchsetzt, haben deine Kinder natürlich auch mit Frust zu kämpfen und sie werden heulen und wüten. Lass ihnen ihre Gefühle und versuche nicht, sie zum glücklich sein zu zwingen. 

Du kannst ihnen zu verstehen geben, dass du Verständnis hast, dass sie sich etwas anderes gewünscht haben und dass sie daher jedes Recht haben, wütend auf dich zu sein. Du als Mutter nimmst dennoch die Verantwortung wahr, ihnen das zu geben, was sie deiner Meinung nach wirklich brauchen.

5. Mama wahrt ihre eigenen Grenzen nicht

In einem bedürfnisorientierten Umgang mit den Kindern gestehen wir unseren Kindern zu, dass sie „nein“ sagen, wenn sie etwas nicht wollen, zum Beispiel dürfen sie den Körperkontakt zur Großtante Elfriede verweigern, müssen nicht ihr Lieblingskuscheltier mit Spielkameraden teilen oder etwas aufessen, obwohl sie sich satt fühlen. 

Fehler Nr. 5 als Podcast hören?

Wir wollen, dass unsere Kinder sich selbst gut kennenlernen, sodass sie auch als Erwachsene in der Lage sein werden, gut für sich zu sorgen und ihre Grenzen zu wahren.

Erstaunlicherweise fällt es vielen Müttern schwer, ihren Kindern genau das vorzuleben, was sie sich für deren Leben wünschen. Mütter verbiegen sich oft so lange, bis sie wirklich nicht mehr können, um ja allen Anforderungen gerecht zu werden, allen zu gefallen und missachten dabei ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen.

Mama hasst es, Lego zu spielen? Egal, das muss ich eben als gute Mutter! Mama braucht dringend mal fünf Minuten für sich? Egal, als Mama hat man immer 100% zu geben! Mama geht auf dem Zahnfleisch und hat ein Nickerchen nötig? Aber wenn Oma zwei Stunden die Kinder nimmt, will sie die Zeit nicht „verschwenden“, sondern macht lieber etwas Dringendes im Haushalt – auch wenn sie eigentlich gar keine Energie mehr dafür hat. Am Ende hat sie dann auch noch ein schlechtes Gewissen, weil sie „so wenig“ geschafft hat ...

Kommt dir davon irgendetwas bekannt vor?

Ich fordere dich hiermit auf, dem ein Ende zu setzen. Deine Kinder sollten an deinem Vorbild sehen können, wie man gut auf sich selbst achtet, wie man anderen auf respektvolle Art nein sagt, wenn man etwas nicht möchte und für sich selbst einsteht.

Deswegen fange sofort an und arbeite daran, auch deine Grenzen wahrzunehmen und anderen gegenüber durchzusetzen. Anfangs ist es sicher sehr ungewohnt, aber es lohnt sich – auch für die Zukunft deiner Kinder.

6. Mama diskutiert alles mit den Kindern aus

Kinder brauchen, wie Jesper Juul es ausdrückt, „Leitwölfe“ – eine liebevolle Führung. Sie brauchen Erwachsene, die selbstsicher sind und wissen, was sie tun, damit die Kinder von diesem Vorbild lernen können, wie das Leben gelingt. Ja, auch das ist ein Bedürfnis der Kinder.

Fehler Nr. 6 als Podcast hören?

Und was tun wir Erwachsenen häufig? Wir möchten von unseren Kindern die Zustimmung für unsere Entscheidungen haben. Am liebsten hätten wir, dass unsere Kinder von sich aus, die „richtigen“ Entscheidungen selbst treffen, damit sie dann auch ja zufrieden und glücklich sind. 

Beispielsweise sollen unsere Kinder einsehen, dass zwei Stunden Fernsehen oder Videospiele spielen am Tag nicht gesund für sie sind. Nachdem wir alle vernünftigen Argumente vorgebracht haben, erwarten wir, dass sie sagen: „Ok, Mama, wenn es wirklich nicht so gesund für mich ist, mache ich jetzt den Fernseher aus und gehe eine Runde an die frische Luft. Danke, dass du mir das erklärt hast.“ Aber so läuft es eben nicht.

Überzeugt von demokratischen Werten, möchten wir am liebsten darüber abstimmen, wie wir unseren Familienalltag gestalten. Schließlich ist bei uns jedes Familienmitglied gleich wertvoll.

Ja, ich stimme zu, dass die Erwachsenen in einer Familie nicht mehr wert sein sollten als ihre Kinder. Deswegen ist es so wichtig, dass wir die Bedürfnisse unserer Kinder gleichwertig berücksichtigen, aber nicht blind – oder aus Angst vor dem Unmut der Kinder – einfach nur ihre Wünsche erfüllen. 

Dazu müssen wir die Führung übernehmen und Weitblick beweisen.

Nur wir haben die Verantwortung, den Familienalltag so zu gestalten, dass die Bedürfnisse aller Familienmitglieder berücksichtigt werden.

Deine achtjährige Tochter möchte gerne Ballett tanzen, reiten, Theater und Klavier spielen? Ihr könntet euch diese teuren Hobbys durchaus leisten? Vielleicht weißt du aber – im Gegensatz zu deiner Tochter – dass sie all die Aktivitäten zusätzlich zur Schule überfordern würden und sie nicht mehr genügend Zeit für Ruhephasen, Verabredungen mit Freunden und freies Spiel hätte. 

Es ist deine Aufgabe dies für deine Tochter abzuwägen und ihr deine Entscheidung mitzuteilen. Es ist dann das gute Recht deiner Tochter sauer auf dich zu sein. Dennoch bist du so der Verantwortung nachgekommen, als Mutter Entscheidungen zu treffen, für die deiner Tochter noch der Weitblick fehlt. Das ist dein Job, selbst wenn du dich unbeliebt machst.

7. Mama hat versagt, weil das Kind nicht hört

Wir bedürfnisorientiert erziehenden Mamas geben uns viel Mühe. Wir halten Ausschau nach Bedürfnissen unserer Kinder und überlegen uns kreativ Strategien zu deren Erfüllung, durch die möglichst kein Familienmitglied zu kurz kommt.

Als Resultat dieses Lebensstils dürfen wir jedoch keine gehorsamen Vorzeigekinder erwarten, die stets das tun, was wir von ihnen erwarten.

Fehler Nr. 7 als Podcast hören?

Häufig klagen Mütter, dass ihre Kinder einfach nicht „hören“. Und im gleichen Atemzug kommt dann die bange Frage, ob man vielleicht doch den falschen Erziehungsansatz gewählt hat, ob eine „harte Hand“ nicht eigentlich das richtige gewesen wäre.

Tatsächlich schließen sich die Erziehung hin zu einem bewussten Umgang mit eigenen Gefühlen und Bedürfnissen, zu selbstständigem Denken und Handeln auf der einen Seite und blinder Gehorsam gegenüber Eltern auf der anderen Seite aus. Wir müssen uns hier als Eltern klar positionieren.

Natürlich ist es anstrengend, stets Rücksicht auf dein Kind zu nehmen. Statt die Klappe zu halten und zu tun was man ihm sagt, kann es sich durchaus auch einfach widersetzen. Genau wie wir Erwachsenen uns manchmal unseren Kindern gegenüber widersetzen – wir sind Vorbilder.

Was können wir tun? Wir sollten nicht aus den Augen verlieren, was unser langfristiges Erziehungsziel ist. Zu welcher Art Mensch soll unser Kind heranwachsen?

Dazu kann gehören, dass wir die bittere Pille schlucken müssen, dass unsere Kinder sich nicht verhalten wie dressierte Affen.

Wir müssen dann versuchen kreative Wege zu finden, die Eltern und Kindern gerecht werden. Beispielsweise könnte bei morgendlicher Verweigerung des Anziehens ein Kompromiss gefunden werden, dass in die Morgenroutine auch etwas Angenehmes eingebaut wird, auf das sich das Kind freuen kann. Oder das Kind zieht die Kleidung für den nächsten Tag schon zum Schlafen an. Viele Wege sind denkbar.

Und was sollen wir tun, wenn es trotz aller kreativen Bemühungen nicht klappt und es wirklich wichtig ist, weil wir das Kind vor sich selbst oder andere vor dem Kind schützen müssen, oder wenn unser Job auf dem Spiel steht, weil wir zum wiederholten Male zu spät zum Arbeitsplatz kommen würden? 

Meiner Meinung nach müssen wir im Notfall auch mal die Macht gegenüber unseren Kindern ausüben. Denn allein wir sind für das Bedürfnismanagement der Familie zuständig und müssen entscheiden, ob zum Beispiel das Bedürfnis nach Sicherheit durch einen Arbeitsplatz über das Bedürfnis des Kindes nach Spiel gestellt wird. Diese Verantwortung darf das Kind nicht tragen. 

Wenn diese akute Notsituation vorüber ist, sollten wir dennoch versuchen, für das nächste Mal kreative Wege ohne Gewaltanwendung zu finden. Schließlich möchten wir unseren Kindern Gewalt nicht als Mittel der Wahl in Konfliktsituationen vorleben. 

Vor allem soll dies kein Freibrief dafür sein, unsere Kinder unnötig psychisch oder physisch unter Druck zu setzen, nur weil deren eigener Wille für uns gerade unbequem ist.

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Autorin Lena Franck

Ich bin Lena Franck, 41 Jahre alt und selbst Mutter dreier Kinder. Als Mama-Coach helfe ich Müttern, im Familienalltag gelassen und selbstsicher zu sein, sodass sie ihr Leben mit ihren Liebsten endlich genießen können, statt nur zu meckern und zu schimpfen – denn eine zufriedene Mama ist das größte Geschenk für die Entwicklung eines jeden Kindes!
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  1. Dieser Artikel hilft mir ungemein. Vielen Dank dafür. Ich versuche gerade, meinen Erziehungsstil zu finden. Wir haben zwei Kinder, das erste Kind ist 1,5 Jahre alt, und seit Kurzem fühle ich mich in einigen Situationen herausgefordert.
    Durch Recherchen komme ich schon sehr viel weiter, verstehe meine Kinder und mein eigenes Verhalten viel besser.

    Ich möchte kein autoritär erzogenes Kind haben. Heute hatte ich wieder ein autoritär erzogenes Kind zu Gast und die Kinder machen alles, was du sagst. Ansonsten sind sie still. Vermeiden es, aufzufallen. Mein Kind war quietschlebendig und laut. Ich liebe es.

    Manchmal finde ich es so schwer, die Grenzen, die Balance zu finden. Oft übergehe ich meine eigenen Grenzen, bis ich dann explodiere (laut werde), dann bereue ich es. Ich muss da noch mehr auf meine eigenen Bedürfnisse achten. Gleichzeitig frage ich mich manchmal, ob wir zu streng sind manchmal? Mein Mann sagt aber, man muss abwägen können. Und manchmal klare Grenzen setzen, auch für das Kind.

    Unser Kind muss Kontaktlinsen tragen. Diese werden mit Saugern ins Auge gesetzt und herausgenommen. Er hasst es! Wir müssen ihn einmal festhalten und das Auge aufhalten dafür. Wenn ich auf Instagram und Co bin, dann denke ich immer, das ist so schrecklich von uns, weil wir ja Gewalt anwenden (festhalten). Würden wir es nicht tun, wäre lebenslange Erblindung die Folge. Durch diesen Artikel fühle ich mich sehr viel besser! Jetzt weiß ich, dass ich damit meiner Verantwortung als Mutter nachkomme. Mein Mann sagt auch immer, wir machen das für unser Kind, damit er beidseitig sehen kann!

    Vielen Dank für diesen Artikel. Es ist nicht immer einfach. Der Unterschied zwischen Wunsch und Bedürfnis ist super!

    Liebe Grüße

  2. Super Artikel!
    Nur eine Frage drängt sich mir immer und immer wieder auf: ist es wirklich sinnvoll, immer nach kreativen Wegen zu suchen, für Dinge die das Kind nicht mag? Führt das nicht dazu, dass es ihm später unendlich schwer fallen wird etwas zu tun, was es nicht mag aber getan werden muss?

    1. Hallo Lisa, Danke für diese Frage, die bestimmt so einigen durch den Kopf geht.
      Ich möchte dir gerne meine Sichtweise dazu darlegen:
      Nein, es geht nicht darum, nur das zu tun, was das Kind mag. Es geht um die Bedürfnisse des Kindes. Das ist nicht das gleiche. Ein Kind mag vielleicht einen Lolly haben, aber es hat nicht das Bedürfnis nach einem Lolly. Es mag den Lolly vielleicht haben, weil es hunger hat, weil es Anerkennung durch den Erwachsenen haben möchte oder weil es Gerechtigkeit einfordert, weil ein anderes Kind gerade einen Lolly lutscht. Es gibt noch viele weitere mögliche Bedürfnisse. Wir können eine kreative Lösung finden, dieses Bedürfnis auf andere Weise zu erfüllen. Wenn wir das Bedürfnis dahinter ignorieren, dann geht es dem Kind nicht gut und es wird sich von seiner „schlechtesten“ Seite zeigen. Wenn die Bedürfnisse erfüllt sind, ist das Kind kooperativ und flexibel und wird viel eher das tun können, „was getan werden muss“. Wobei ich das auch anzweifeln mag. Was „muss“ schon getan werden? Wäsche waschen? Arbeiten gehen? Hände waschen? Ich entscheide mich dafür die Wäsche zu waschen (oder delegiere das), weil ich saubere Wäsche für mich und meine Familie haben möchte (evtl. möchte ich auch Akzeptanz der Gesellschaft). Ich entscheide mich dafür zu arbeiten, weil ich das Geld haben möchte (evtl. auch Anerkennung, Abwechslung usw.). Ich entscheide mich die Hände zu waschen, weil ich nicht krank werden möchte, durch eventuelle Krankheitserreger oder weil ich den Schmutz ekelig finde. Wir helfen Kindern nicht dabei, sich später zu entscheiden, bestimmte „anstrengende“ Dinge zu tun, weil sie ein Ziel erreichen möchten oder sich ein Bedürfnis befriedigen möchten, indem wir sie als kleine Kinder zwingen, dies zu tun, weil es UNSERE Bedürfnisse und Ziele diktieren. Das ist etwas völlig anders. Das eine ist Selbstwirksamkeit und Autonomie, das andere ist blinder Gehorsam. Den brauchen sie nicht. Der schadet ihnen später nur, weil sie dann eben nicht in der Lage sind Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen und ihre eigenen Ziele selbstwirksam zu verfolgen.
      Ich hoffe, das ist verständlich geschrieben. Wäre vielleicht nochmal ein Thema für einen eigenen Artikel 😉

  3. „Tatsächlich schließen sich die Erziehung hin zu einem bewussten Umgang mit eigenen Gefühlen und Bedürfnissen, zu selbstständigem Denken und Handeln auf der einen Seite und blinder Gehorsam gegenüber Eltern auf der anderen Seite aus. Wir müssen uns hier als Eltern klar positionieren.“

    Danke, Danke, Danke für diese Erkenntnis.

    Erst heute nach dem Spielplatzbesuch habe ich mich wieder in Selbstzweifeln verloren, warum mein Kind nicht gehört hat.
    Ich hadere oft damit, dass eine „strenge Hand“ ja eigentlich das gesellschaftlich konforme Verhalten, die ebedürfnisorientierte Erziehung hingegen das derzeitige gesellschaftlich Gewünschte fördern würde.

    Aber du hast recht: Es schließt sich gegenseitig aus.

  4. Danke für diesen tollen Artikel.
    Ich fühle mich aktuell überladen. Selbstständig und Umzug…
    Deinen Artikel will ich mir ausdrucken. Mit 1x Lesen ist es nicht getan. ?

    1. Liebe Joanna,

      oh, vielen Dank, das freut mich wirklich sehr! Hoffentlich kannst du auch beim wiederholten lesen noch etwas für dich und dein Familienleben mitnehmen 🙂

      Ganz liebe Grüße und viel Kraft für die momentane Situation, in der du da steckst!
      Lena

  5. So gut auf den Punkt gebracht! Mit einfachen Worten das Wesentliche erklärt! Vielen Dank, das werd ich gleich mal an ein paar liebe und bemühte Mamas weiterleiten 🙂

  6. Super toller Artikel, den sich jeder, der sich mit bedürfnisorientierter Erziehung befasst, durchlesen sollte. Ich weiß gar nicht, wie oft es genau in diesen Punkten falsch verstanden wird – von Gegnern genauso wie von denjenigen, die es ausüben. Es geht eben um die Bedürfnisse aller Familienmitglieder und nicht nur um „eitel Sonnenschein“ oder automatischen Gehorsam, indem man auf die Bedürfnisse eines einzigen Familienmitglieds eingeht. Das wird so häufig falsch verstanden…

    Danke!

  7. Liebe Lena,

    vielen Dank für diesen tollen, tiefgründigen Artikel!

    Ich bin vor kurzem zum ersten Mal Mama geworden und merke schon jetzt die Herausforderungen einer bedürfnisorientierten Erziehung…und gleichzeitig ist es für mich ein Ansatz, der absolut Sinn macht, wenn man an die langfristige Entwicklung der Kinder denkt.

    Ich wurde selbst noch ganz anders erzogen und merke auch, dass ich oft getriggert werde, wenn meine Tochter auf meine einfühlsame Art nicht so reagiert, wie ich mir das wünsche. Man muss wirklich aufpassen, es nicht persönlich zu nehmen, wenn sie eben kein „dressierter Affe“ ist (ein wunderbarer Vergleich :-))!

    Vielen Dank auch für die Erinnerung daran, dass WIR unseren Kindern vorleben müssen, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse ernst nehmen. Das ist für mich eine große Herausforderung, aber eigentlich ist es doch toll, dass man durch die Kinder auch lernen kann, besser für sich selbst zu sorgen.

    Alles Liebe und ich freue mich auf weitere spannende Artikel!
    Anne

  8. Danke! Das kommt genau zur rechten Zeit! Ich habe ein Burnout entwickelt und bin gerade dabei so Einiges zu ändern, vor allem meine Einstellung…

    1. Sehr gerne, Maria 🙂 Toll, dass du deine Krise als Chance siehst, deine Lebensqualität ab sofort zu steigern – ich wünsche dir viel Erfolg dabei!

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