Manchmal geht man als Mama oder Papa in die liebevolle Führung, indem man schwierige Situationen bewusst deeskaliert, statt sich in einen blinden Machtkampf zu verrennen. 

Von einem Kind kann man diese Weitsicht noch nicht erwarten. Deswegen sollten wir als erwachsene und erfahrene Person die Verantwortung für diesen Prozess übernehmen und Konflikte gezielt entspannen. 

Schöner Nebeneffekt: Kinder lernen am Vorbild und werden sehr wahrscheinlich im Laufe der Zeit unsere Strategien zur Deeskalation übernehmen.

Die Realität sieht aber meist erst mal anders aus. Wenn unsere Kinder aufhören zu kooperieren, einfach nicht hören, sich querstellen, dann reagieren wir Eltern leider oft automatisch sehr ungünstig.

Wir fangen an, unser Kind unter Druck zu setzen, was den Machtkampf erst so richtig anheizt. An eine einvernehmliche Lösung des Bedürfniskonflikts ist dann nicht mehr zu denken.

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Deshalb gebe ich dir hier 5 Strategien an die Hand, durch die du solche schwierigen Situationen souverän deeskalieren kannst.

Seid ihr beide entspannt, findet sich viel leichter eine Lösung.

Typische Beispiele, für sich aufschaukelnde Konflikte mit Kindern

Du kennst sie sicher auch: Situationen, in denen du dich urplötzlich in einem sinnlosen Machtkampf mit deinem Kind wiederfindest. Die Fronten verhärten sich, die Emotionen kochen über – bis mindestens einer schreit und tobt.

Diese Situationen könnten bei dir so oder so ähnlich aussehen:

Beispiel 1: 

Ihr müsst morgens aufbrechen, aber dein Kind ist unendlich langsam. Je mehr Druck du machst, desto langsamer wird dein Kind.

Bis es wirklich zu spät ist, du vielleicht nur noch rumschreist und dein Kind irgendwie aus dem Haus zerrst, während es verzweifelt weint und um sich schlägt.

Beispiel 2: 

Dein Kleinkind grinst dich neugierig an und steckt seine Finger in das Saftglas, du sagst: „Nein, lass das. Ich möchte nicht, dass hier alles klebt.“ 

Dein Kind versucht es noch mal. Du sagst: „Wenn du nicht aufhörst, nehme ich es dir weg.“ Das Kind gibt nach.

Nach einer Weile startet dein Kind einen dritten Anlauf. Du reagierst genervt,  entreißt ihm das Saftglas, sagst sehr aufgebracht: „Siehst du? Und jetzt klebt hier alles! Dass du auch nie mal hören kannst!“ Und dein Kind bricht in Tränen aus.

Beispiel 3: 

Dein Schulkind kommt von der Schule nach Hause, du fragst freundlich, wie sein Tag war, das Kind herrscht dich an: „Mama, hör auf, mich das immer zu fragen. Du nervst mich. Lass mich einfach in Ruhe!"

Du fühlst dich angegriffen und brüllst: „So nicht, nicht in dem Tonfall! Ich habe dich freundlich gefragt, ich erwarte auch eine freundliche Antwort!“ 

Du baust dich vor deinem Kind auf, stellst dich in den Weg. Das Kind stößt dich wütend zur Seite. Es rennt weg und knallt die Tür zu.

Diese drei Beispiele lassen je eine frustrierte Mutter und ein frustriertes Kind zurück, die einander grollen und gerade nicht bereit sind, nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen.

Wie kriegst du die Kurve?

Es liegt auf der Hand, dass es besser wäre, die Situationen zu deeskalieren.

Wenn du als Mutter reguliert reagierst, kann sich auch dein Kind eher entspannen. Ihr seid dann beide flexibler, zieht an einem Strang, statt euch zu bekriegen.

Die Frage aller Fragen ist nun: Wie kriegst du denn jetzt die Kurve und schaffst es, in solchen Situationen eben nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, sondern die Situation zu deeskalieren?

Als Werkzeug habe ich dir 5 Strategien mitgebracht, die deeskalierend wirken.

5 Strategien zur Deeskalation

1) Je früher, umso leichter

Es ist schwer bis unmöglich einen Konflikt zu deeskalieren, wenn schon jede Menge Drohungen und Beschimpfungen ausgetauscht wurden und ihr beide schon auf 180 seid.

Denn dann seid ihr beide im Kampf- oder Fluchtmodus und könnt nicht mehr rational denken. Ihr seid auch nicht mehr in der Lage, auf logische Strategien zurückzugreifen, um den Konflikt zu deeskalieren. Die Emotionen haben längst das Ruder übernommen.

Du kannst aber trainieren, möglichst früh zu merken, dass ihr gerade durch einen Konflikt gestresst seid und droht, in einen sinnlosen Machtkampf zu geraten.

Das ist nichts, was man heute beschließt zu tun, und morgen anwendet. Es erfordert viel Übung und Geduld, aber es lohnt sich.

2) Beruhige erst dich selbst

Versuch, nicht sofort zu reagieren, sondern eine Pause einzuschieben, um danach besonnener, also bewusster reagieren zu können.

Wenn möglich, geh kurz aus der Situation und bitte jemanden, den Vater des Kindes, die Oma im Haus oder wer sich sonst anbietet, mal eben zu übernehmen, bis du dich beruhigt hast.

Wenn das nun mal nicht möglich ist, kannst du vielleicht zumindest kurz ins Badezimmer gehen und dir kaltes Wasser über die Unterarme laufen lassen. 

Oder du öffnest das Fenster, um mal ganz bewusst die frische Luft einzuatmen.

Es geht einfach darum, dich kurz auf etwas anderes zu konzentrieren. Selbst wenn du gar nicht aus der Situation herausgehen kannst, kannst du dich z. B. an einen schönen Ort denken oder dich für ein paar Atemzüge auf den eigenen Atem konzentrieren.

Was auch bei vielen Mamas hilft, ist, sich körperlich zu entspannen. Du kannst dazu einfach ein paar Hampelmänner machen. Oder du spannst in deinem Körper  kurz alle Muskeln ganz fest an und lässt ganz bewusst los, entspannst wieder.

Eine dritte Möglichkeit der Selbstregulation ist, dich mit einem inneren Mantra, an eine sehr bewusst gewählte Haltung zu erinnern, mit der es dir leichter fällt, besonnen zu reagieren. Ein Beispiel-Mantra wäre: „Mein Kind ist nicht gegen mich, es braucht mich jetzt!“

3) Achte auf deine Körpersprache

Was nicht förderlich ist, ist sich aufzuplustern, sich groß zu machen, die Hände in die Seiten zu stemmen, oder zu Fäusten zu ballen, die Arme zu verschränken oder mit einem aggressiven Gesichtsausdruck direkt auf das Kind zuzugehen.

Stattdessen kannst du dich zu deinem Kind hinknien oder -setzen. Die Arme und Hände kannst du geöffnet lassen, die Schultern und den Kiefer bewusst entspannen und dich deinem Kind eher langsam und seitlich nähern.

4) Wähle deine Worte bewusst

Allgemein gilt: Verzichte auf Drohungen, Beschuldigungen, Beschämungen und dergleichen. Je mehr Aggression du ausstrahlst, je mehr Druck du ausübst, umso mehr wird sich der kindliche Gegenwille regen und der Machtkampf wird sich entsprechend verschärfen.

Falls es noch zu Beginn eines Konfliktgespräches ist, und das Kind noch nicht wirklich aufgebracht ist, kannst du inhaltlich beim Konfliktthema bleiben.

Verwende dann Ich-Botschaften, wie „Ich mag das nicht" oder „Das hatte ich mir anders vorgestellt" oder „Ich brauche jetzt eine Pause“.

Sei empathisch und zeig, dass du die Sichtweise, die Gefühle und Bedürfnisse des Kindes verstehen kannst. Das heißt nicht, dass du deswegen seiner Meinung sein musst. Dennoch kannst du seine Perspektive anerkennen.

Du kannst deinem Kind aber auch einfach aufmerksam zuhören. Dabei kannst du ihm Verständnisfragen stellen oder das, was du verstanden hast, nochmal in eigenen Worten zusammenfassen, um zu überprüfen, ob es richtig bei dir angekommen ist. Auf keinen Fall solltest du das Gehörte bewerten. Sei einfach nur neugierig und offen.

Es ist völlig okay, wenn dein Kind die Sache anders sieht als du. Du brauchst es nicht zu deiner Sichtweise zu überreden. Ihr könnt fürs Erste einfach nur mal sammeln und die beiden Perspektiven anerkennen.

Solltet ihr dagegen schon emotional aufgebracht sein, sprich jetzt lieber nicht über das Verhalten deines Kindes. Das könnt ihr später noch tun, wenn sich alle entspannt haben. 

Denn in der Situation, in der das Kind gestresst ist, ist sein Gehirn einfach nicht darauf ausgerichtet, jetzt etwas für sein Leben zu lernen. Es konzentriert sich darauf, sich aus einer gefährlichen Situation zu retten, und verfällt deswegen in den Kampf- oder Flucht-Modus.

Stattdessen empfiehlt es sich über etwas ganz anderes, eher belangloses zu sprechen, am besten mit einer dritten Person, einem Geschwisterkind, dem Vater oder einem Kuscheltier. So kannst du das Kind aus der Stresssituation herausholen, seine Gedanken auf etwas anderes ausrichten, sodass es sich wieder beruhigen kann.

Wenn das Kind das gerne mag, kannst du ihm auch vorschlagen, dass du ihm etwas aus seinem Lieblingsbuch vorliest.

5) Aus dem Machtkampf aussteigen

Dazu gehört: Lass alle deine Erwartungen an dein Kind los. Es schafft es einfach gerade nicht, diese Erwartungen zu erfüllen und dann bringt es überhaupt nichts, wenn wir weiter darauf beharren.

Und wenn du es hinnehmen kannst, dass dein Kind gerade nicht kann, dann kannst du auch viel besser nach Alternativen Ausschau halten, selbst flexibel bleiben und nach praktischen Lösungen suchen.

Sollte dein Kind schon mitten in einem emotionalen Ausbruch stecken, dann solltest du deinem Kind Zeit lassen, sich zu beruhigen. Es ist NICHT deine Aufgabe, diesen Gefühlsausbruch sofort zu beenden, etwas zu tun, damit es sich auf der Stelle beruhigt.

Denn jetzt sprudeln die Gefühle gerade aus deinem Kind heraus und es dauert einfach so lange, wie es eben dauert. Das ist okay. Du bist keine schlechte Mutter, wenn es dir nicht gelingt, dein Kind aus diesem Gefühlswirrwarr herauszuführen. Lass ihm einfach seine Zeit, die es jetzt braucht.

Bonus-Tipp: Situationen nachbereiten

Ich habe noch einen weiteren Tipp für dich. Es geht hier nicht mehr darum, was du IN der Situation tun kannst, sondern danach.

Bereite solche Konfliktsituationen nach.

Wenn sich die Gemüter beruhigt haben, kannst du noch mal nachvollziehen, wie es zu der Situation gekommen ist. Du kannst deine Gedanken und Gefühle in der Situation für dich selbst reflektieren und dich in die Perspektive deines Kindes einfühlen, um seinen Standpunkt besser zu verstehen und dir über dessen Bedürfnisse klar zu werden.

Wenn möglich, kannst du eine ähnliche Situation in der Zukunft anders vorbereiten.

Du kannst auch nochmal auf das Kind zugehen und in ruhigem Ton besprechen, was da passiert ist, was eure Standpunkte waren und welche Lösung für euch beide okay gewesen wäre. 

Eventuell könnt ihr eine Vereinbarung treffen, wie ihr beim nächsten Mal von Anfang an anders vorgehen wollt.

Steckt dein Kind gerade in einer anstrengenden Phase, sodass es ständig zu solchen Konfliktsituationen kommt und du aus dem deeskalieren gar nicht mehr herauskommst?
Dann hol dir hier das "Workbook für anstrengende Phasen" - kostet keinen Cent.

Wie geht es dir mit solchen Konfliktsituationen? Ist es dir vielleicht schon auf ganz andere Weise gelungen, solche Situationen zu deeskalieren? Dann verrate sie uns doch gerne in einem Kommentar!

Autorin Lena Franck

Ich bin Mama-Coach und selbst Mama dreier Kinder, die 10, 8 und 4 Jahre alt sind. Ich unterstütze Mamas dabei, sich wieder zufriedener und ausgeglichener zu fühlen, um für ihre Kinder endlich die entspannte und fröhliche Mama sein zu können, die sie sich eigentlich für sie wünschen. Denn eine zufriedene Mama ist die beste Mama, die du sein kannst!

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